Freitag, 31. Mai 2013

Winter, Claire: Die Schwestern von Sherwood

Inhalt:
Im Jahre 1948 treffen wir auf die angehende Journalisten Melinda, die eines Tages ein Paket ohne Absender erhält.
Im Paket enthalten sind Zeichnungen einer Moorlandschaft, Liebesbriefe und eine rote Schachfigur.
Durch die Schachfigur vermutet Melinda, dass dieses Paket etwas mit ihrer Großmutter zu tun hat.
Neugierig geworden, begibt sie sich auf die Suche und stößt auf ein dramatisches Familiengeheimnis, in das sogar sie selbst verstrickt ist.

Im Jahre 1881 begegnen wir John und Elisabeth Sherwood, die sich mühsamst aus der Armut befreit haben und zu Geld gekommen sind.
Aber auch das hilft ihnen nicht, von der höheren Gesellschaft akzeptiert zu werden. Aber genau das will Elisabeth um jeden Preis erlangen.
Daher setzt sie auf ihre beiden Töchter, vor allem auf die liebreizende Amalia. Doch diese wird nach einer Scharlacherkrankung taub.

Meine Meinung:
Der warmherzige, einfühlsame, flüssige und bildhafte Schreibstil der Autorin hat es mir leicht gemacht, von Anfang an in der Geschichte zu versinken; daher konnte ich das Buch kaum mehr aus der Hand legen.
Ich habe so mit der kleinen Amalia gelitten, die so tapfer ihr Schicksal erträgt, nie an sich selbst denkt und sich nicht unterkriegen läßt.
Die Geschichte war für mich voller Emotionen.  Ich empfand Wut, Haß, war den Tränen nahe, konnte mich aber auch an der wunderschönen, aber leider verbotenen Liebesgeschichte erfreuen.
Alle Protagonisten, auch die der Nebencharaktere sind hervorragend ausgearbeitet, so dass die Geschichte und vor allem Amalia und Cathleen noch lange in mir nachwirken werden.
Für mich hielt die Geschichte immer wieder neue Wendungen bereit, somit blieb sie spannend bis zur letzten Seite.
Sehr interessant war für mich auch das Thema “Taubheit” und wie zu dieser Zeit damit umgegangen wurde bzw. mit welchen Anfeindungen man damals zu kämpfen hatte.
Zum Schluß möchte ich noch die wunderschöne Gestaltung des Covers erwähnen, welches das Buch zu einem wahren Schmuckstück im Bücherregal macht.
“Die Schwestern von Sherwood” ist eines der besten Familiengeheimnisse, die ich je gelesen habe und das Buch wird mit Sicherheit zu meinen Jahreshighlights 2013 gehören.
Daher ist es auch ganz klar, dass das Buch von mir 5 von 5 Sternen bekommt.

Arturo Pérez-Reverte: Der Club Dumas

Was für ein tolles Buch!!! Das schon mal vorab.

Und das gilt gar nicht mal für die Handlung, sondern für die vielen Passagen über Bücher, Schriftsteller. Besonders empfehlenswert für Dumas-Freunde und insbesondere für Freunde der drei Musketiere. Die haben sicher ihre helle Freude daran. Dabei muss man die Musketiere nicht zwingend kennen, aber für die, die es tun, ist es sicher ein i-Tüpfelchen.

Schon auf der ersten Seite gibt es einen Toten. Er wurde erhängt. Oder war es Selbstmord? Auf dem Boden liegt ein Buch, "Der Graf von Bargelonne", in dem eine Textstelle markiert ist:

"Sie haben mich verkauft", murmelte er. "Man erfährt alles!"
"Ja, am Ende erfährt man alles", erwiderte Porthos, der rein gar nichts erfahren hatte.

Der Beamte wundert sich: "Seltsam, das mit dieser Seite... Ich lese zwar wenig", sagte er, "aber dieser Porthos war doch einer von den... Wie hießen sie noch gleich? Athos, Porthos, Aramis und d'Artagnan", zählte er mit dem Daumen an den Fingern einer Hand ab und verharrte dann nachdenklich. "Schon komisch. Ich habe mich immer gefragt, warum man sie die drei Musketiere nennt, wenn es in Wirklichkeit doch vier waren."

Ja, um die drei Musketiere geht es in diesem Buch sehr viel und natürlich über ihren Schöpfer, Alexandre Dumas. Und es geht ganz allgemein um Bücher, um ihre Sammler, ihren Wert, ach, über die ganze schöne Welt der Bücher. Obwohl, die Jagd auf Bücher ist halt nicht nur schön, sie kann auch gefährlich werden, lebensgefährlich.
Das muss Lucas Corso am eigenen Leib erfahren. Er ist so ein Bücherjäger, er verdient damit sein Geld. Seine Auftraggeber sind Antiquare, Buchhändler und Sammler. Von ihnen wird er auf die Jagd nach prachtvollen Erstausgaben, skurrilen Sonderauflagen und wertvollen Wiegendrucken geschickt.
Derzeit kümmert er sich um zwei bibliophile Kostbarkeiten: ein okkultes Buch, dessen Drucker vor Jahrhunderten auf dem Scheiterhaufen endete. Drei Stück soll es davon noch geben. Und Lucas Corso soll herausfinden, ob sie alle echt sind. Und auch von einem Kapitel eines Originalmanuskriptes von  Alexandre Dumas soll er die Echtheit prüfen.
Und damit beginnt sein Abenteuer, bei dem er von einem Auto fast überfahren wird und er sich manchmal regelrecht verfolgt fühlt. Und dann ist da noch ein junges Mädchen mit grünen Augen, das ihm immer wieder über den Weg läuft und sich sehr rätselhaft gibt.

Für mich als Buchliebhaber ist die eigentliche Geschichte fast unerheblich. Viel schöner sind die Gespräche über alte Bücher, Erklärungen, wie sie früher hergestellt wurden, auch wie man sie fälschen kann. Ich lerne verrückte Büchersammler kennen, die ihre Bücher fast schon krankhaft lieben. Die leiden, wenn sie eins verkaufen müssen. Was brauche ich da noch eine Handlung.

Sonntag, 26. Mai 2013

Nicci Gerrard: Allein aus Freundschaft

Gleich zu Anfang lernen wir Gaby und Nancy kennen. Sie gehen noch zur Schule. Gaby hängt in einem Baum fest, schafft es nur noch mit der Hilfe von Nancy.
Jahre später lernt Gaby Connor auf dramatische Weise bei einem Autounfall kennen. Und sie verlieben sich ineinander. Sie heiraten und Sohn Ethan kommt zur Welt.
Bis hierher waren sie ein tolles Gespann: Gaby und Connor und Nancy und Stefan, Gabys Bruder.
Aber dann geschieht es: Gaby ging es nach der Schwangerschaft nicht gut. Und als sie wieder auf den Beinen war, verschwand Nancy einfach. Wenn Gaby sie nicht noch erreicht hätte, hätte sie sich nicht mal von der Freundin verabschiedet.
Das Leben ging weiter. Gaby und Connor führten eine glückliche Ehe. Aber jahrelang hat sich Gaby gefragt: Warum? Warum ist meine beste Freundin einfach gegangen?

Was für eine tolle Geschichte. Nicht nur eine Geschichte über Freundschaft, nein, auch Gabys und Connors Ehe nimmt hier viel Raum ein.
Ich war beim Lesen irgendwie hin und her gerissen. Da ist eine Frau, die ein Geheimnis hat, das sie mit niemandem teilt. Und dann ist da eine andere Frau, die es nicht bleiben lassen kann, sich einzumischen. In fremder Dinge zu wühlen, zu spionieren. Auch wenn es die beste Freundin ist, hat sie ein Recht darauf?
Sollte man lieber sagen: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß? Oder muss jedes Geheimnis aufgeklärt werden, egal, wie es die Beteiligten trifft?

Was ich ganz toll finde: Nicci Gerard beschreibt ganz zart, wie es die einzelnen Personen trifft, was sie durchmachen. Aber sie lässt sie keinen "Seelenstriptease" führen.

Ich habe eine Schriftstellerin gefunden, von der ich unbedingt noch ein Buch lesen möchte.

Die Autorin veröffentlicht übrigens mit ihrem Ehemann unter dem Pseudonym Nicci French seit vielen Jahren Krimibestseller.

Samstag, 25. Mai 2013

Velma Wallis: Zwei alte Frauen

Velma Wallis, geboren 1960 als eines von dreizehn Kindern in Fort Yukon/Alaska, wurde in den traditionellen Werten ihres Volkes, der Athabasken, erzogen. Nach dem Besuch der Highschool zog sie in eine Trapperhütte und lebt dort allein mit ihrer Tochter wie ihre indianischen Vorfahren.

Dieses dünne Büchlein erzählt eine indianische Legende, die von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Die Geschichte spielt im hohen Norden von Alaska. Ein eiskalter Winter führt zu einer Hungersnot. Der Häuptling eines Nomadenstammes beschließt, die beiden ältesten Frauen zurückzulassen, um den Stamm zu retten. Das heißt, sie dem unausweichlichen Tod auszusetzen.
Die Frauen sind entsetzt, wagen es aber nicht, aufzubegehren, aus Angst, dass dann noch etwas Schlimmeres passiert. Allein zurückgelassen, besinnen sie sich auf ihre ureigenen Fähigkeiten und sie beginnen, um ihr Überleben zu kämpfen.
Und während die Frauen im kommenden harten Winter rausbekommen, welche Fähigkeiten noch in ihnen stecken, ergeht es dem Volk wesentlich schlechter. Der Häuptling lässt das Volk zurückkehren. Eine leise Hoffnung schlummert in ihm.
Wird sie sich erfüllen? Sollten es die Frauen tatsächlich geschafft haben? Und wenn ja, werden sie wieder Vertrauen zu dem Volk finden, das sie so verraten hat?

Velma Wallis Schreibstil lässt mich an Agota Kristof denken. Die Geschichte ist auf das Allerwichtigste reduziert. Nichts Überflüssiges ist an den Sätzen. Das Buch ist gespickt mit stimmungsvollen Illustrationen von Heinke Both.
Sehr interessant auch im Nachwort der Herausgeberin zu lesen, welche Schwierigkeiten es machte, dieses Büchlein herauszubringen.
"Eine Legende von Verrat und Tapferkeit" - so der Untertitel. Und eine Geschichte über Liebe, Freundschaft und Vergebung.
Ich kann dieses Büchlein nur empfehlen.

Nicolas Barreau: Das Lächeln der Frauen

Ich wollte das Buch ja nicht kaufen. Nach Zeitungsberichten gibt es diesen gut aussehenden Schriftsteller nämlich gar nicht. Die Kurzbiografie im Buch ist ein Fake. Geschrieben hat das Buch die Lektorin Sophie Scherrer.

Nachdem nun aber einige Lesefreundinnen für das Buch geschwärmt haben, musste ich es einfach lesen. Noch dazu, wo es um mein Lieblingsgenre geht.
Da ist Aurélie, die nach einer glücklichen Zeit von ihrem Freund über Nacht verlassen wird. Nachdem sie nach einem stundenlangen Spaziergang durch Paris in einem kleinen Buchladen landet, findet sie ein Buch mit dem Titel "Das Lächeln der Frauen". Oder hat das Buch sie gefunden? Ich möchte es fast glauben. Sie hat die Nacht durch gelesen und war so begeistert von der Geschichte, in dem ihr Café vorkommt und eine junge Frau mit einem Kleid, genau wie sie auch eines hat.
Nun möchte sie unbedingt den Schriftsteller kennenlernen oder ihm zumindest mitteilen, wie glücklich sein Buch sie gemacht hat.

Dass ein Schriftsteller unter einem Pseudonym schreibt, ist ja in Ordnung. Aber für dieses Pseudonym dann auch noch eine Biografie zu schreiben, da finde ich mich dann doch verschaukelt.
Aber ein bisschen verzeihe ich Frau Scherrer. Ihre Geschichte ist nämlich eine wunderschöne Liebesgeschichte, die mir einige sehr schöne Lesestunden bereitet hat. Wenn es auch eine, manche würden sagen, Happy-end-Schnulze ist, ich brauche so etwas ab und zu. Und wenn es dann noch um ein Buch geht, und ein Schriftsteller und Verlag darin vorkommen, bin ich happy.
Dass es in diesem Verlag dann auch nicht mit rechten Dingen zugeht, lies mich dann über Nicolas Barreau als Autoren schmunzeln.

Andere Bücher von ihr werde ich mir allerdings nicht mehr kaufen.

Montag, 20. Mai 2013

Alexander Pechmann: Das Haus des Bücherdiebs

26 kleine Geschichten erzählt uns Alexander Pechmann in "Das Haus des Bücherdiebs". 26 Geschichen über Menschen, die eine Passion teilen: Bücher. Sie sammeln sie, lesen sie, lieben sie, stehlen, ja zerstören sie sogar.
Bekannte Namen tauchen hier auf: William Blake, Virginia Woolf, aber noch mehr waren es für mich unbekannte Namen, bei denen es sich lohnt, mal nachzuforschen.

Alexander Pechmann hat mich neugierig gemacht auf das Thema "Bücherdiebe". Da gab es ja richtige Kriminalfälle. Mal schauen, ob ich da noch Literatur zu finde.

Auf jeden Fall ist dies ein Buch, das Spaß macht, das man in einem Rutsch durchlesen kann oder man gönnt sich jeden Tag ein Kapitel. Wobei keine Reihenfolge eingehalten werden braucht.

Von Alexander Pechmann habe ich noch das Buch "Die Bibliothek der verlorenen Bücher" im Regal stehen, allerdings noch nicht gelesen, was sich sicher bald ändern wird.

Fred Uhland: Der wiedergefundene Freund

Was für ein kraftvolles Buch. Und was für ein Schockmoment beim Lesen des letzten Satzes.
Da das Buch nicht sehr umfangreich ist, möchte ich vom Inhalt mal nichts erzählen. Nur so viel: Die Geschichte und somit die Freundschaft zwischen dem 16-jährigen Juden Hans Schwarz und Konradin von Hohenfels beginnt 1933. Ein Jahr später zerbricht die Freundschaft. Und Jahrzehnte später hat sicher auch Hans Schwarz dieser Schockmoment ereilt.

Prosper Mérimée: Colomba

In "Colomba" geht es um Blutrache. Die Schwester fordert vom Bruder, dass er den toten Vater rächen soll. Der Bruder möchte das Gericht entscheiden lassen und macht zum Schluss seine eigene Erfahrung mit der Gerichtsbarkeit.
Die Geschichte erschien erstmalig am 1. Juli 1840 in der "Revue des Deux Mondes".

Kurz zum Autor: Prosper Mérimée lebte von 1803 bis 1870. Unter anderem trug er als Übersetzer der Werke Puschkins, Turgenjews und Gogols wesentlich zur Verbreitung der russischen Literatur bei.

In meiner Jugendzeit habe ich das Buch schon mal gelesen, ach was, verschlungen habe ich es. Es erschien bei uns in der Kompaß-Bücherei (Band 237) vom Verlag Neues Leben Berlin.
Letztes Jahr im Januar las ich in unserer Tageszeitung einen Reisebericht über Korsika, und da klingelte es schon leicht bei mir. Als dann auch noch der Name "Colomba" fiel, war die Erinnerung da. Ich habe dann gleich im Internet gesucht und das Buch glücklicherweise gefunden.

Kristin Hannah: Ein Garten im Winter

Der letzte Wunsch des sterbenden Vaters ist es, dass die beiden Schwestern sich um ihre Mutter kümmern. Eine Mutter, die diese Bezeichnung anscheinend nicht verdient.
Der Prolog beginnt mit einer Kindheitserinnerung. Die Schwestern Meredith und Nina Whitson und Jeff, der Freund von Meredith, wollen zu Weihnachten ein Theaterstück aufführen. Besonders der Mutter zu gefallen. Der Mutter, die ihre Kinder so gut wie gar nicht beachtet. Was die Familie zusammenhält, ist der Vater. Aber auch er kann nicht verhindern, dass der Auftritt der Kinder ein Fiasko wird. Die Mutter wendet sich brüsk ab und sprengt so die ganze Vorstellung.
 28 Jahre später: Meredith ist mit Jeff, dem Jungen aus ihrer Kindheit, verheiratet, sie haben sehr früh geheiratet. Sie kümmert sich verbittert ums Familiengeschäft. Nina ist Fotografin und fährt, fliegt in der Weltgeschichte herum. Immer an brenzligen Orten, in Krisen- und Kriegsgebieten. Ihr liebstes Projekt: Kämpfende Frauen, zum Beispiel in Afrika. Wie sie in der Wüste, ohne Wasser, die Familie ernähren, die Kinder am Leben erhalten wollen. Eines Tages bekommt Nina ein Telegramm: Ihr Vater hat einen Herzinfarkt, es sieht schlimm aus. Kurzentschlossen macht sie sich auf dem Heimweg, nimmt Abschied von ihrem Liebsten, Danny, ebenfalls ein erfolgreicher Fotograf.
 Nina schafft es noch rechtzeitig ins Krankenhaus. Aber dort will der Vater nicht bleiben. Er möchte zu Hause sterben.
 Der Vater ist gestorben. Nina bleibt gerade mal bis zur Beerdigung, dann lässt sie sich einen Auftrag von ihrer Chefin geben und ab gehts ins nächste Kriegsgebiet. Aber das hilft ihr auch nicht. Dadurch, dass sie ihre eigene Trauer nicht verarbeitet, werden ihre Bilder nicht mehr sensationell. Sie reichen nicht mehr für die Titelseite bzw. werden gar nicht mehr benutzt. Sie muss erst mit sich selbst wieder ins Reine kommen. Meredith dagegen stürzt sich noch mehr in die Arbeit. Auf ihr lastet nun nicht nur die Arbeit für die eigene Familie und den Familienbetrieb. Sie kümmert sich auch noch um ihre Mutter, die immer komischer wird. Sie erzählt Geschichten, steckt sich Essen in die Taschen und sitzt morgens, wenn Meredith in ihr Haus kommt, draußen im eiskalten Wintergarten. Oftmals ist sie wie weggetreten. Nur wenn Meredith den Arzt kommen lässt, ist sie 100prozentig klar. Doch Meredith schafft es, nachdem ihre Mutter im Haus einen Unfall hatte, diese in ein Heim zu geben, mit schlechtem Gewissen, da sie Nina nicht erreichen kann. Als diese endlich überraschend kommt, macht sie der Schwester die größten Vorwürfe. Aber ich finde, sie macht es sich leicht.
Über all dem kriselt Merediths Ehe immer mehr, bis ihr Mann eines Tages mit einem Koffer im Flur steht und das Haus verlässt.
 "Ein Garten im Winter" war ein tolles Buch. Nicht nur einfach ein Familiengeheimnis, auch ein wenig Kriegsgeschichte gibt es preis. Die Belagerung Leningrads.

Barbara Wersba: Ein Weihnachtsgeschenk für Walter

Weihnachten steht vor der Tür. Warum sollte man da nicht mit der Nase auf die ein oder andere Empfehlung gestoßen werden.
Auch in diesem Buch tauchen wieder Buchtitel und Autoren auf. Aus der Sicht einer echten Leseratte namens Walter. Walter war eine hochbetagte Ratte. Er lebt jetzt schone eine Weile bei der Schriftstellerin Amanda Pomeroy.
Mit der Gabe, lesen zu können, ist Walter schon auf die Welt gekommen. Als er auf einer Müllhalde zwei Bücher eines gewissen Sir Walter Scott gelesen hatte, benannte er sich nach ihm. Scott muss ein bedeutender Mann gewesen sein, da die Bücher in Leder gebunden waren.
Über das, was Walter in Miss Pomeroys Haus erlebt, wie er sie näher kennenlernt, ja sich sogar Briefe mit ihr austauscht, schweige ich, da das Buch nur 60 Seiten hat. 60 wundervolle Seiten Lesevergnügen. Zu meinem Glück ist es auch noch schön bebildert.

Sabine Kornbichler: Klaras Haus

Zickenkrieg, war mein erster Gedanke, aber wie falsch war der doch. Wir erleben hier zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können. Nina, die ihre eigenen Träume für ihren Mann aufgegeben hat und noch so einige private Probleme hat, und Charlotte, die Übermutter, die ohne ihre Kinder kein Mensch ist.
Das ist das Grundgerüst. Diese beiden Frauen haben durch "Klaras Haus" die Möglichkeit, sich in Ruhe über ihre derzeitige Situation klarzuwerden und sich zu entscheiden, wie ihr Leben weitergehen soll.
Dass sie wegen ihrer Unterschiedlichkeit miteinander in arge Wortgefechte verfallen, bleibt dabei nicht aus.
Sie sind aber in der glücklichen Lage, ihre persönlichen Verluste in Ruhe aufzuarbeiten, das dauert, und tut weh. Ich konnte mich so gut in die beiden Frauen hineinversetzen und sie verstehen.

Audrey Niffenegger: Die Nachtbibliothek

Schon von der Form her ist dieses Buch etwas Besonderes. Auf den ersten Blick sieht man auf dem Cover eine lesende junge Frau in einer Bibliothek. Bei genauerem Hinsehen könnte sie die Augen auch geschlossen haben, und das Buch an ihre Brust drücken. Träumt sie vielleicht?
Ich weiß nicht, wie ich das Buch zuordnen soll. Es scheint ein Graphic Novel zu sein. Aber außer Sprechblasen enthält es auch noch andere Textpassagen.
Aber die Farbgebung passt gut zum Titel. Nimmt man den Schutzumschlag ab, ist das Buch rabenschwarz. Schwarz wie die Nacht. Und drinnen sind die Bilder umgeben von vier schwarzen Rändern.
Frau Niffenegger hat sich hier inspirieren lassen von der Kurzgeschichte "Die Tür in der Mauer" von H. G. Wells.

Morgens ums drei stritt Alexandra, die hier selbst ihre Geschichte erzählt, mit ihrem Freund und ging dann durch die Straßen. Nach gut einer Stunde sah sie plötzlich einen riesigen, hell erleuchteten Winnebago, aus dem laute Musik dröhnte.
Vorne saß bei geöffneter Tür ein alter Herr drin, der ihr eine Karte gab und fragte, ob sie die Sammlung sehen wollte. Und sie stieg ein.
Während der Bibliothekar vorne sitzenblieb und Zeitung las, ging Alexandra nach hinten ins Wohnmobil. Es wirkte innen viel größer als von außen und bestand aus einem Gang, an dem rechts und links jeweils ein Bücherregal stand. Und während Alexandra sich noch über die eigenartige Zusammenstellung der Bücher wunderte, wurde ihr langsam bewusst, dass sie alle diese Bücher kannte. Bis hin zu ihrem Tagebuch. Der Bibliothekar erklärte ihr, dass das alles ihre Bücher sind, die sie jemals gelesen hat. Selbst Zeitschriften und die Werbeaufschriften auf Müslipackungen gehören dazu.
Und noch bevor Alexandra alles richtig begriff, schloss die Bibliothek, die ja nur von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang geöffnet ist, und Mr. Openshaw fuhr mit dem Winnebago fort.

Da das Buch recht dünn ist, ende ich hiermit. Ihr dürft aber mit einem überraschenden Ende rechnen.

Will Schwalbe: An diesem Tage lasen wir nicht weiter

Will Schwalbe lebt als Autor in New York. Er war Journalist bei der New York Times und Cheflektor bei den Verlagen William Morrow und Hyperion. Nachdem er aus der Verlagswelt ausgestiegen ist, gründete er die Online-Kochrezeptsammlung Cookstr. Er lebt als Autor in New York.

Ich finde ja, der englische Titel The End of Your Life Book Club hört sich viel besser an.

Will Schwalbe erzählt vom letzten Jahr mit seiner Mutter, die an Bauspeicheldrüsenkrebs erkrankt ist und zu Beginn des Buches nicht weiß, wie lange sie noch zu leben hat. Dieser Krebs ist mit einer der schlimmsten, da er nicht so einfach aufzufinden ist. Man bemerkt ihn eigentlich erst, wenn er Metastasen gestreut hat, weil dann andere Organe angegriffen werden.
Will Schwabe erzählt über dieses Jahr nur aus seiner Perspektive, so, wie er das Jahr mit seiner Mom verbracht hat.

Zu einem Leseclub braucht man wenigstens zwei Leseratten. Und dieser spezielle Club begann mit "einer der beiläufigsten Fragen, die zwei Leute einander stellen können: 'Was liest du gerade?'"

Will Schwalbe erzählt über seine Eltern, aus was für Familien sie kamen und was sie früher als Kinder gerne gelesen haben.
Er erinnert sich auch an die eigene Kindheit. Stellt euch vor: Der sicherste Weg, spontanen Haushaltsaufträgen (Müll rausbringen, Zimmer aufräumen) zu entgehen, war, wenn man in ein Buch vertieft war. So war das im Haushalt Schwalbe. ist das nicht Wahnsinn? Ich habe das ganz anders in Erinnerung.
Will Sch. liebte Tolkien. Seine Mutter erinnert sich:
Aber ich denke, dein Bruder und ich haben dich beide darum beneidet, wie sehr du Tolkien liebtest. Wir mochten die 'Narnia'-Bücher auch sehr - aber bei dir war es schon eine richtige Obsession. Du hast so viel von Bilbo Beutlin gesprochen, dass er mir vorkam wie ein Familienmitglied. Dann hast du angefangen, alles, sogar deinen Namen, in alten Runen zu schreiben. Als du auch noch eine Tonpfeife rauchen wolltest, bin ich allerdings eingeschritten. Du warst schließlich erst neun.
Ich beneide Will Schwalbe um seine lesende Kindheit.

Mutter und Sohn unterhalten sich über vergangene Zeiten. Sie war eine der wenigen Frauen, die volltags gearbeitet hat. Und das auch noch gerne und ohne schlechtes Gewissen. Will und seine Geschwister waren sogenannte Schlüsselkinder.
Im Fernsehen sahen sie Bilder vom Vietnamkrieg, Proteste auf dem Harvard Square, Berichte über die Attentate auf Bobby Kennedy und Martin Luther King.
Es gab nur drei TV-Programme: Eine Gameshow, ein Vorläufer heutiger Casting-Shows mit Namen "Star of the Day" oder alte Filme, meistens mit Shirley Temple (was habe ich diese Filme damals geliebt, ich habe sie in den 70er-Jahren gesehen).
Also wurde viel gelesen, wie es die Eltern vormachten.
Ich war nach meiner Schlafenszeit um 21 Uhr meist noch Stundenlang wach und las bei Taschenlampenlicht..."
Ach, das weckt Erinnerungen. Und in der Schule konnte ich dann kaum die Augen offen halten.

Aber ich habe festgestellt, dass ich bisher sehr einseitig berichtet habe. Natürlich habe ich fast nur über das geschrieben, was mit Büchern zu tun hat. Es geht hier aber in erster Linie um Will Schwalbes Mutter (sie muss eine tolle Frau gewesen sein, leider habe ich noch keinen deutschen Text über sie im Internet gefunden), die hier um ihr Leben kämpft. Der Krebs kann zwar nicht geheilt werden, aber die Ausbreitung kann verlangsamt werden und damit vielleicht, mit ein wenig Glück, ein paar Wochen oder Monate gewonnen werden. Sie durchläuft die Chemotherapie, muss Fragen nach Schmerzen ehrlich beantworten, um die Medikamente richtig dosieren zu können. Dabei möchte sie das Wort "Schmerzen" gar nicht benutzen, sondern lieber davon reden, "wie unwohl sie sich fühlte".
Sie hatte gute und weniger gute Tage, wobei frustrierend war, dass sie nie wusste, was sie wann für einen Tag hatte, was natürlich die Lebensplanung beeinträchtigte. Feiertage waren zu planen, Besuche (auch in ihrem Büro) usw. Für einen Blog schrieb sie ihrem Sohn Beiträge, und zwar so, als wenn Will sie geschrieben hätte, der den Blog damit füllte. Es wäre einfach zu viel und zu anstrengend für sie gewesen, den vielen Kollegen, Freunden und Bekannten per E-Mail oder Brief zu schreiben.
Sie war eine beschäftigte Frau. Nicht nur, dass sie voll berufstätig war, sie war in der Flüchtlingshilfe beschäftigt. Und ein großes, wenn nicht ihr größtes Anliegen war es, in Afghanistan eine Bibliothek aufzubauen.

Wenn Afghanistan keine Bücher erhält, dann haben die Menschen dort kaum Chancen. Das ist deshalb mein Vorsatz für das neue Jahr. Ich werde dafür sorgen, dass diese Bibliothek ins Rollen kommt.

Ob sie es tatsächlich schafft? Viel Zeit bleibt ihr ja nicht mehr.

Den Februar verbrachte Wills Mutter in Florida. Als sie ihm eine Perücke zeigte (ihre Haare sind immer dünner geworden), riss er sich zusammen, um nicht zu weinen.
Lesetechnisch hatte sie schon Pläne für diese Zeit. Sie wollte weiterhin neue Autoren lesen, aber verstärkt auch einige ihrer Lieblingsschriftsteller wie Jane Austen, T. S. Eliot, Wallace Stevens und Elizabeth Bishop.

Am 16. März 2008 erhielten sie die Ergebnisse des zweiten Scans. Die sahen gut aus. Es sind keine neuen Tumore hinzugekommen und die vorhandenen sind geschrumpft.
Sie hatten etwas mehr Zeit gewonnen und konnten so den 74. Geburtstag planen.

Und dann, eines Tages, erhielt sie von einem alten Freund aus Harvard das Versprechen, eine Million Euro (jetzt komme ich gerade ins Grübeln, ob es nicht Dollar waren) für die Bibliothek in Afghanistan zu spenden.

Fast ein Jahr ist seit der Diagnose vergangen. Es ist Frühherbst 2008. Bei jedem Fieber musste Wills Mutter ins Krankenhaus, manchmal gleich für ein paar Tage. Geplant wird immer nur bis zur nächsten Chemo oder Untersuchung. Bei einem dieser Aufenthalte sah Will das erste mal, dass seine Mutter sich vor Schmerzen krümmte und sie nach einem stärkeren Schmerzmittel verlangte.
Nachdem die Behandlung verändert wurde und sie eine Art Droge nahm, mit der sie sich richtig konzentrieren konnte, hatte sie sehr gute Tage.
Bis auf einmal die Nachricht kam, dass David Rohde, ein Freund, der in Afghanistan für ein Buch recherchieren wollte, eben dort entführt wurde.

Untersuchung Januar 2009. Die Tumoren sind wieder gewachsen. Eine neue Zusammenstellung von Medikamenten muss her.
Wenige Monate nach der Diagnose seiner Mutter wurde auch bei dem Schauspieler Patrick Swayze diese Krankheit festgestellt. Will war sehr beeindruckt von einem Interview, das Swayze gab. Genau wie seine Mutter sprach der Schauspieler ganz gelassen über seine Hoffnung und Entschlossenheit, gegen den Krebs zu kämpfen. Und das, obwohl er ganz sicher war, den Kampf zu verlieren.
Wills Mutter war beeindruckt von Swayze, besonders darüber, dass er in dem Interview auch ohne Verlegenheit von den Magen-Darm-Symptomen der Behandlung gesprochen hat. Sie selber tat das auch, merkte aber immer wieder, wie peinlich das ihren Gesprächspartnern war.

Ab März 2009 gab es immer mehr schlechte Tage. Durch Wills Schwester lernten sie Nessa Coyle kennen, eine selbstständige Krankenschwester, deren ursprüngliche Ausbildung die einer Hebamme war. Sie war nun stets erreichbar für die Familie. Und Will betrachtete sie bald nicht mehr nur als Sterbe-, sondern als Lebensbegleiterin.
Und so konnte der 75. Geburtstag seiner Mutter geplant werden.

24. März 2009: Der Scan zeigte, dass die laufende Behandlung überhaupt nicht anschlägt. Die Tumoren wuchsen. An Standardbehandlungen konnte man nichts mehr tun. Blieben Behandlungen, die sich noch im Versuchsstadium befanden.
Doch im Juni entscheidet sich Wills Mutter dagegen. Sie gibt der Lebensqualität Vorrang vor der -quantität. Es geht jetzt nur noch darum, ihr das Leben so angenehm wie möglich zu machen.
Und sie erlebt noch ein Wunder: David Rohde, der in Afghanistan entführt wurde, gelang mit einem Mithäftling die Flucht.

Ohne Behandlung schritt der Krebs nun rasch voran. Eines Nachmittags sagte Will zu seiner Mutter, er würde gerne etwas über die Bücher, die sie gelesen und über die sie diskutiert haben, schreiben. Sie meinte erst, dass er doch seine Zeit nicht dafür hergeben wollte. Doch am nächsten Tag erhielt er eine E-Mail mit einer Auflistung der Bücher und Notizen dazu. Und nicht nur das. Auch Gedanken zu Themen wie einer notwendigen Krankenversicherung und noch andere teilte sie ihm mit.

Fast zwei Jahre sind seit der Diagnose vergangen.

Ich beende an dieser Stelle meine Aufzeichnungen zu diesem wunderbaren Buch über eine wundervolle Frau mit einem Satz von Marina Vaizey, einer Freundin von ihr:
Mary Anne hat das Schlimmste gesehen und doch an das Gute geglaubt.

Tracy Chevalier: Die Lieder des Mr. Blake

Die Geschichte beginnt im März 1792, als ein Sohn von Thomas Kellaway, Stuhlmacher von Beruf, von einem Baum stürzt und stirbt. Die Mutter kommt über dessen Tod nicht hinweg und so zieht die Familie aus dem Dorf ins große, durch revolutionäre Unruhen erhitzte London.
In dessen Straßen ist Maggie wie zu Hause, hier kennt sie sich aus. Jem Kellaway, der wohl mal in Vaters Fußstapfen treten soll, lernt Maggie beim Einzug kennen und hofft, durch sie London kennenzulernen.
Der Klappentext ist hier wirklich sehr unglücklich gelungen. Maggie soll hier im London des Jahres 1792 den großen Dichter, Maler und Visionär William Blake kennenlernen. Der ihr auch noch die Tür zu ganz neuen Welten aufstößt. Das schafft er durch zwei, drei Gespräche? Der Klappentext ist maßlos übertrieben.
Hätte da gestanden: Es wird das Leben im London des Jahres 1792 anhand zweier Familien erzählt, okay. Das hört sich natürlich nicht so spannend an.
Aber viel Spannung gab es in diesem Buch auch nicht. Wir lernen wirklich zwei Familien kennen, die in London leben. Die Kellaways kamen von einem Dorf in die Metropole und Maggie Butterfield kennt London wie ihre Westentasche.
Und durch Maggie lernen nicht nur Jem, Sohn der Kellaways, London kennen, sondern auch ich.
Ich kenne bisher nur das literarische London von Helene Hanff, die so begeistert darüber schrieb. Durch Maggie lerne ich ein wenig das alte London kennen: Die Themse, die zum Himmel stinkt, die schmutzigen Straßen und noch schmutzigeren engen Gassen, in denen sich die Huren rumdrücken, die ihre Krankheiten weitergeben. Die Londoner Straßen werden so toll beschrieben, dass ich das Gefühl habe, mit den Figuren zusammen durch London zu streifen.
Und so ganz nebenbei spielt auch die Französische Revolution eine Rolle. Und wir erfahren ein wenig über Mr. William Blake, der ein paar Weisheiten an die beiden Jugendlichen weitergibt und ihnen auch ansonsten hilft. Aber anhand des Klappentextes hatte ich mir seine Rolle größer vorgestellt.
Das hat mir aber nicht mein Lesevergnügen genommen.

Gerard Donovan: Winter in Maine

Winter in Maine von Gerard Donovan hat nur 208 Seiten, deshalb möchte ich nicht zu viel verraten, außer: eine wundervolle Sprache.
Julius Winsome lebt seit über 50 Jahren in einer Hütte in Maine, wo die Winter lang und einsam sind. Hobbes, sein treuer vierbeiniger Gefährte, wird eines Tages erschossen, er kann nicht mehr gerettet werden und stirbt in Julius' Armen.
In Rückblenden lernen wir Julius kennen, wie er schon mit seinem Vater in dieser Hütte gelebt hat. Sein Vater, der ihm das Lesen nahegebracht, der ihm Tausende Bücher hinterlassen hat und der ihm gezeigt hat, wie man mit einem Gewehr umgeht.
Julius will den Mörder seines Hundes finden, ob er dafür aber das Richtige tut? Er tut definitiv nicht das Richtige. Scheinbar wahllos tötet er einen Mann nach dem anderen, der sich in seine Gegend traut. Und er grübelt die ganze Zeit, wer seinen Hund getötet hat. Waren es ehemalige Schulkameraden, die er mal aufgemöbelt hat, weil die sich an eine Katze vergingen? Oder hat das die Frau eingefädelt, die mal für einige Zeit bei ihm war?
Oder macht ihm einfach die Einsamkeit zu schaffen?

Rachel Hore: Das Haus der Träume

Das war eine richtig schöne Geschichte. Kate und ihr Mann Simon lassen mit ihren zwei kleinen Kindern das hektische London hinter sich und ziehen vorübergehend zu seiner Mutter an die Küste von Suffolk. Zumindest Kate schafft diesen Absprung, während Simon weiter in London arbeitet.
Es dauert länger als gedacht, ein geeignetes Heim zu finden und so muss er pendeln.
Kate und die Kinder schlagen in Suffolk Wurzeln, lernen neue Leute kennen und genießen das landschaftliche Leben. Bis Kate eines Abends vor einer wunderschönen Villa steht. Mit der Besitzerin, eine alte Dame, verbindet sie etwas, und hier beginnt das Geheimnis und eine Reise in die Vergangenheit...

Kajsa Ingemarsson: Es ist nie zu spät für alles

Eigentlich lese ich ja lieber Geschichten über Frauen aus der Vergangenheit, bei diesem hier war ich aber wohl ein bisschen neugierig, weil es eine nordische Autorin geschrieben hat.
Und tatsächlich habe ich innerhalb von drei Arbeitstagen fast 300 Seiten gelesen, was bei mir äußerst selten vorkommt.

Es geht in der Geschichte um Nina, Ellinor und Miriam, die mit ihrer jeweiligen Familie in einer idyllisch gelegenen Vorortsiedlung einer kleinen schwedischen Stadt leben.
Nina ist geschieden und lebt mit ihrem Sohn, Ellinor ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn zusammen und Miriam ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann zhusammen, die Kinder sind schon aus dem Haus.
Man kennt sich, grüßt sich täglich, wenn man sich begegnet, aber näheren Kontakt hat man nicht. Bis, ja, bis eines Tages eine Frau in das Nachbarhaus von Miriam einzieht, in dem vorher Miriams Freunde gewohnt haben. Und diese Frau ist etwas speziell. Gibt Grund zu Mutmaßungen und Vorstadtklatsch.
Nachdem die Frauen erst dachten, dass Janina, wie sich die Dame nennt, ein Bordell betreibt, stellt sich heraus, dass sie eine Kartenleserin ist.
Na ja, und die wird von den drei Frauen nun in Anspruch genommen. Wie Nina, die auf die Idee kam, meint, auch aus gutem Grund: Miriam wurde nämlich nach über 30-jähriger Ehe von ihrem Mann, der eher nach einem Pantoffelhelden ausschaut, wegen einer anderen Frau verlassen. Nina hat einen Mann kennengelernt, der allerdings verheiratet ist. Und Ellinor hat sich in einer Anwaltskanzlei beworben, weil sie unbedingt wieder arbeiten möchte. Allerdings weiß sie noch gar nicht, wohin dann mit ihrem Kind, weil sie das erst Monate nach Jobantritt in eine Kindergrippe geben kann.

Tja, ob die Karten da helfen können?

Christoph Wortberg und Manfred Theisen: Der Geist der Bücher

Die Idee an sich finde ich schön. Bens Tante wird entführt und hinterlässt ihm die Hälfte eines Oktagons. Mit diesem Teil macht er sich auf die Suche nach seiner Tante und stolpert dabei von einem Klassiker der Weltliteratur in den nächsten.
Aber so abenteuerlich fand ich diese Reise gar nicht. Sie war eher sehr brutal. In jeder Welt, in der Ben landet, werden Menschen (bzw. die literarischen Figuren) brutal umgebracht, da wird auch vor Kindern und Frauen nicht Halt gemacht. Ich weiß nicht, ob ich mittlerweile zu empfindlich bin, aber für Jugendliche finde ich es ganz schön heftig.

Karen Usborne: Elizabeth von Arnim - Eine Biografie

Ich muss ehrlich sagen, es ist teilweise recht schwierig, diese Biografie zu lesen. So viele Menschen um sie herum, so viele Reisen, Bekannte, Verwandte. Aber abschnittsweise liest sie sich dann wieder wie ein Roman, total spannend und interessant.
So, wie sie beschrieben wird, kann ich mir vorstellen, dass es nicht leicht war, mit ihr zu leben oder befreundet oder bekannt zu sein. Ihr Gemüt war wohl sehr wetterabhängig. Sie blühte auf, wenn schönes Wetter war, das wurde immer wieder mal betont. Auch wie sie mit ihren Kindern umgegangen ist, war für mich befremdlich. Aber gut, es war eine andere Zeit. Da kann ich mir kein Urteil bilden.
Ich will ja versuchen, alle Bücher von ihr zu bekommen. Wenn mir das glückt, lese ich die Biografie noch einmal ganz langsam, zusammen mit den Büchern. In ihren Büchern ist nämlich vieles sehr autobiographisch. In der Biografie wird da sehr oft drauf hingewiesen.

Falls jemand denkt, an sich rumschnippeln zu lassen ist eine Mode, die es erst seit unseren Lebzeiten gibt, der irrt. Tatsächlich hat sich Elizabeth von Arnim damals schon liften lassen. Sie soll eh schon immer jünger ausgesehen haben, als sie tatsächlich war, dann war ihr erster Ehemann auch noch 20 Jahre älter als sie. Aber nach dem Lifting konnte man anscheinend gar nicht glauben, dass sie schon fast erwachsene Kinder hatte, sie selbst sah wohl aus wie ein junges Mädchen.
Mit den Männern hat sie bisher ja ausnehmend Pech gehabt. Ich verstehe gar nicht, dass sie so lange bei ihnen geblieben ist. Wo sie doch so willensstark war und sich ja auch getraut jat, sich aufzulehnen.
Ihrem zweiten Mann Frank Russell verweigerte sie vor der Hochzeit sogar ihr Eigentum, was den wiederum sehr erbost hat, woraus man fast schließen konnte, dass er sie nur des Geldes wegen geheiratet hat. Der Charakter, den er dann als Ehemann raushängen ließ, war unterste Schublade.

Elizabeth von Arnim: Elizabeth auf Rügen

Sehr interessant war schon die Schilderung, überhaupt auf die Insel zu kommen, noch dazu, wenn man nicht auf das Pferdegespann verzichten möchte.

In einem Reisebericht über Rügen liest Elizabeth folgende bemerkenswerte Sätze:

"Vernimmst du den Namen Rügen, so befällt dich ein holder Zauber. Vor deinen Augen steigt es empor wie ein Traum ferner himmlischer Feenreiche. Bilder und Gestalten aus uralter Zeit winken dir zu aus verwunschener Landschaft, wo sie in grauen Vorzeiten lebten und die Schatten ihrer Gegenwart hinterließen. Und in dir regt sich ein mächtiges Sehnen, über diese herrliche, sagenumwobene Insel zu wandern. So schnüre denn dein leichtes Bündel, beherzige Shylock's Rat und tu Geld in deinen Beutel und folge mir, ohne die Seekrankheit zu fürchten, die dich während der kurzen Überfahrt befallen mag, sie hat noch niemandem mehr geschadet als ein rasch vergehendes Unbehagen."

Ursprünglich wollte Elizabeth um diese Insel herum wandern. Doch all ihre Freundinnen lehnten ab.

Somit kam Wandern nicht in Frage, denn allein konnte ich es nicht. Das grimmige Ungeheuer Konvention, dessen eiserne Klauen mich allezeit umklammern und mich allezeit hindern an allem, was gesund und harmlos ist, machte diesem Plan ein für allemal ein Ende, selbst wenn ich mich nicht vor Landstreichern gefürchtet hätte, was ich aber tat. Daher fuhr ich mit der Kutsche, und zwar rund um Rügen herum.

Elizabeth auf Rügen habe ich mit Wehmut beendet. Die Reise hätte so weitergehen können.

Ray Bradbury: Fahrenheit 451

Interessant finde ich ja schon mal, wie das Buch entstand. Gar nicht mit einem Mal als Roman, sondern vorab als Geschichten. Selbst ein Theaterstück hat er draus gemacht und eine Opernfassung geschrieben.

Was für ein trauriges Leben muss das sein, keine Bücher besitzen zu dürfen. Montag scheint ja ein Geheimnis zu haben, ob es mit Büchern zusammenhängt? Wenn ja, hoffe ich nicht, dass er sich mal verrät. Mit solchen Gesprächen scheint er sich jedenfalls in Gefahr zu begeben:

   Montag besah sich die Karten in seiner Hand. „Ich – ich war in Gedanken bei dem Feuer von voriger Woche. Ich dachte an den Mann, dessen Bibliothek wir erledigten. Was geschah mit ihm?“ „Er wurde schreiend in eine Irrenanstalt eingeliefert.“
„Er war doch nicht geistesgestört.“
Beatty ordnete gelassen seine Karten. „Jeder ist geistesgestört, der meint, er könne die Regierung und uns hintergehen.“
„Ich habe versucht mir vorzustellen“, sagte Montag, „wie einem dabei zumute ist. Ich meine, wenn die Feuerwehr unsere Häuser und unsere Bücher anzündet.“
„Wir haben keine Bücher.“
„Aber wenn wir welche hätten.“
„Hast du denn welche?“
„Nein.“ Montag sah über die andern hinweg auf die Wand mit den maschinengeschriebenen Verzeichnissen einer Million verbotener Bücher. Ihre Namen gingen jahraus, jahrein in Flammen auf unter seiner Axt und seinem Schlauch, der nicht Wasser, sondern Kerosin spie.

Montags Entwicklung finde ich sehr interessant. Mit seiner Frau kann er ja wohl schon lange nicht mehr reden. Die ist den ganzen Tag von ihrer Familie an den Wänden umgeben. Lässt sich von Musik und Werbung berieseln. Selbst beim Schlafen hat sie diese Ohrstöpsel in den Ohren. Hat nicht mal mitbekommen, dass sie zu viele Schlaftabletten genommen hat.
Und hat panische Angst, an diesem Leben was zu verändern. Ich bin gespannt auf ihre weitere Reaktion, nachdem Montag ihr die Bücher gezeigt hat, die er versteckt hat.

Auf ein schönes Wortspiel Bradburys bin ich bei Wikipedia gestoßen: Montag ist ein amerikanischer Papierhersteller und Faber kenne ich als Bleistifthersteller.

Carola Stern: Kommen Sie, Cohn! - Friedrich Cohn und Clara Viebig

"Carola Sterns letztes Buch ist vielleicht ihr schönstes, gewiss aber ihr bestes."
Süddeutsche Zeitung

Carola Sterns Bücher habe ich bisher sehr gerne gelesen. Über ihr eigenes Leben oder über das der Rahel Varnhagen.
Ob dieses ihr bestes ist, weiß ich nicht. Kenne ja nicht alle. Aber schön zu lesen war es wieder.
Cohn war einer der vielen intellektuellen Juden, die es nicht wahrhaben wollten, dass sie Ärger bekommen werden. Warum auch? Sie fühlen sich als Deutsche. Deutschland ist ihre Heimat. Und viele haben sich im 1. Weltkrieg verdient gemacht. Sind zum Katholizismus übergetreten.
Aber alles half ihnen nicht. Doch Cohn hatte in dieser Beziehung noch Glück. Bevor die Judenvernichtungsmaschinerie richtig begann, starb er als alter Mann.

Vonne van der Meer: Inselgäste

Ein leises Büchlein ist mir da im Buchladen über den Weg gelaufen. Der Schauplatz ist immer derselbe. Das Gästehaus "Dünenrose" auf einer Insel im Wattenmeer. Die Gäste geben sich einander die Klinke in die Hand und das, was sie miteinander teilen, ist die Putzfrau und ein Gästebuch.
Was die Putzfrau nicht erfährt, teilt das Buch uns Lesern mit:
Da sind ein Ehepaar mit ihrem kleinen Sohn. Sie hoffen, nach dem Seitensprung des Mannes wieder einander näher zu kommen.
Eine ältere und eine junge Frau. Die Junge ist schwanger. Bei der Überlegung, ob sie es behalten soll, erinnert sich die Ältere an ihre eigene Abtreibung in ihrer Jugendzeit.
Ein alter Mann kommt auf die Insel, um hier seine letzten Stunden zu verbringen und Abschied von der Welt zu nehmen.
Simone kam mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern für drei Wochen auf die Insel. Ihr Mann ist unzufrieden, in der Firma wird umstruktuiert, Leute werden entlassen. Und er erfährt gerade am Handy, dass ein viel Jüngerer einen Leitungsposten bekommt.
Den er zwar mal haben wollte, aber noch nicht jetzt. Jetzt wurmt es ihn aber dermaßen, dass es so ein junger Schnösel ist, der den Posten bekommt. Er gönnt es ihm einfach nicht. Und vergiftet somit die Urlaubsstimmung für die Familie, sodass sich Simone schon überlegt, mit den Mädels nach Hause zu fahren.
Doch dann findet sie im Gästebuch die Eintragungen eines älteren Herrn...
Tom, Willemijn und Walter kommen auf die Insel ins Gästehaus "Dünenrose". Aber drei sind einer zu viel.

Für kurze Zeit tauche ich ein in das Leben dieser Menschen und lerne sie ein ganz klein wenig kennen.

Harro Füllgrabe: Mission Abenteuer - Als Extremreporter um die Welt

Schon das Vorwort von Harro Füllgrabe liest sich gut und lässt auf interessante und spannende Abenteuer hoffen.
Zum Schmunzeln auch die Passage, in der er erzählt, dass früher in seiner Heimatstadt er immer gefragt wurde, ob er nicht der Sohn des Weltenbummlers, Oberstudienrats usw. Füllgrabe sei. Nun fragt man seinen Vater, ob der nicht der Vater des Galileo-Extremreporters Harro sei.

Die erste Reise in diesem Buch führt uns nach Südamerika, genauer, nach Peru. Dort ist Harro mit einer Gruppe Scherentänzern unterwegs. Doch bevor der Schamanentanz beginnen kann, müssen den Göttern Opfer dargeboten werden. Dabei spielt auch Zuckerrohrschnaps eine Rolle. Und so sind alle schon richtig benebelt, bevor der Tanz überhaupt losgeht.
Und während des Tanzes wird Harro in eine Welt entführt, die mit gesundem Menschenverstand nicht zu greifen ist. Und er tut Dinge, die er bei vollem Bewusstsein wohl nie tun würde.

Solche und andere Abenteuer erzählt Harro Füllgrabe auf sympathische und unterhaltsame Art und Weise.

Sonntag, 19. Mai 2013

Rüdiger Barth: Wilde Dichter

Obwohl ich diese Bücher ja liebe, denke ich mir manchmal: Was sollen die vielen Bücher über diverse Schriftsteller.
Aber gerade dieses Themenbezogene ist sehr interessant. So etwas erfährt man in vielen einfachen Kurzbiografien einfach nicht.

Ich kenne "Moby Dick" bisher nur als Film mit Gregory Peck. Aber selbst, wenn ich das Buch gelesen hätte, würde ich über den Schriftsteller wahrscheinlich nichts wissen. Ich wüsste vielleicht ein paar Eckdaten von ihm, aber nicht, was er für ein Mensch ist.

In diesem Buch erfahren wir, warum Männer wie Herman Melville, Ernest Hemingway, Jack London, Stephen Crane, Joseph Conrad und B. Traven so schreiben konnten, wie sie es getan haben.

Hatten sie eine blühende Fantasie? Oder konnten sie nur solch tolle Geschichten schreiben, weil sie sie erlebt haben? Waren sie "verrückt" oder besonders intelligent? War ihnen das Talent, zu schreiben, schon in die Wiege gelegt oder haben sie es sich erarbeiten müssen?

Interessante Fragen, auf die wir hier Antworten erhalten.
Und mit Melville geht es schon mal unsagbar spannend los.

Melville hat für seinen "Moby Dick" voll aus dem Leben schöpfen können. Er ist 25 Jahre alt, als er nach vier Jahren Seefahrt auf der "United States" am 3. Oktober 1844 im Hafen von Boston einläuft. Seine Seefahrt war aber nicht das, was man heutzutage darunter versteht.
Von seinem ersten Walfangzug desertierte er auf eine Insel. Die Einheimischen dort sollen Kannibalen gewesen sein. Doch er hatte Glück. Der Käptn eines Seelenverkäufers erfuhr, dass auf dieser Insel ein Seemann sein soll und ließ ihn "retten". Doch er kam vom Regen in die Traufe. Auf diesem Walfänger ging es noch schlimmer zu, als auf dem ersten.
Er sah noch einige andere Inseln und kritisierte in späteren Büchern die christliche Herrschsucht auf diesen Inseln.
Von Honolulu aus kann er endlich auf der "United States" Richtung Heimat anheuern. An Bord entdeckt er eine Schiffsbibliothek. Während seiner Freiwachen kann er sich dorthin zurückziehen und lesen. Einige seiner Schiffskameraden scheinen sich gut mit Büchern auszukennen und er findet Gesprächspartner inmitten des rauen Bordlebens.

Schon zwei Monate später beginnt Melville zu schreiben. Und schon im Frühjahr 1846 erscheint das erste Buch unter seinem Namen.
Mit dem Verdienst von "Typee" braucht er nicht mehr den erstbesten Job anzunehmen. Er kann versuchen, sich als Schreiber einen Namen zu machen.
Und nun kann er auch heiraten. Er nimmt Elizabeth Shaw zur Frau, die Tochter eines langjährigen Freundes und Gönners der Familie.
Er schreibt sein zweites, erfolgreiches Buch. Bezieht mit Frau und Familie ein größeres Haus. Hier kann er andere Schriftsteller empfangen.

Sein Weg scheint geebnet...


Es ist nicht gesichert, ob Jack Londons Eltern seine leiblichen Eltern waren. Er selbst forschte ein wenig nach, aber nicht allzu intensiv; es würde einen Skandal geben, würde sich herausstellen, er sei ein Bastard. Seine Karriere wäre hinüber.
Von seiner Mutter erhielt er nie ein Zipfelchen Liebe. Sein Herz hing an John London, Vater oder nicht.
Mit zehn Jahren musste Jack schon zum Lebensunterhalt beitragen und mit 14 die Schule verlassen und wie ein Mann arbeiten.
Aber beinahe alles, was man über seine Jugend weiß, weiß man von ihm. Und ob das alles so stimmt?

Über Jack Londons Leben zu lesen, macht mich ganz atemlos. Satz für Satz verschlinge ich. Den einen noch nicht zu Ende, erwarte ich voll Ungeduld den nächsten. Wahnsinn...

Jack London ist nur 40 Jahre alt geworden. Drei Jahre vor seinem Tod sagte ein Doktor zu ihm: "Mit Ihnen könnte ich eine ganze Vorlesung bestreiten." Die Nieren waren kurz vor dem Versagen und anderes innere Organe waren schwer geschädigt.

"Und doch sei er kein Alkoholiker, behauptete er, sondern ein Gewohnheitstrinker."

Es gab Zeiten, da trank er Bourbon am Mittag, Scotch und Soda am späten Nachmittag. Er bestritt, dass Alkohol abhängig macht.
Er trinkt nicht nur zu viel Alkohol, er nimmt auch zu viele Schmerzkiller. Im Oktober, zur Saison, gibt es Bratente, zwei Vögel am Tag, noch blutig und dazu eiskalten Liebfraumilch, einen süffigen Wormser Weißwein.

Über den Hang zum Hochprozentigen schrieb London im autobiografischen "John Barleycorn". Der Titel spricht ja wohl für sich.
Und die Biografen grübeln bis heute: Konnte der 37-jährige London so nüchtern über seinen Alkoholkonsum schreiben, weil er ihn überwunden hatte oder verbirgt sich dahinter der geübte Selbstbetrug des Alkoholikers?

Milo Shepard, Großneffe von Jack London, meint zu seinem Alkoholverbrauch: "Ein Alkoholiker? Da lache ich. Ein Alkoholiker kann nicht dieses Arbeitspensum leisten."

Er war ein diszipliniertes Arbeitstier. Mit seinen 40 Jahren hat er 26 Romane geschrieben, ein paar Kurzgeschichten und Tatsachenberichte, wollte immer da hin, wo es gefährlich war und war nur aufs Geldverdienen aus, um seinen Lebensstil aufrechtzuerhalten.

Das waren nur zwei Beispiele aus diesem wunderbaen Buch.

Michael Ondaatje: Der englische Patient

Eine wunderschöne, unglaublich traurige Geschichte.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges bleibt die Krankenschwester Hana mit dem sogenannten englischen Patienten in einer toskanischen Villa zurück. Einige Zeit später treffen noch der Dieb Caravaggio, der mit Hanas Vater befreundet war, und der Bombenentschärfer Kip in der Villa ein.
Das Buch hat fünf Erzählstränge. Die Rückblenden der vier Hauptfiguren und das Geschehen in der Villa.

Hana hat für sich entschieden, dem Krieg den Rücken zu kehren und ist nicht mit dem Lazarett weitergezogen. Sie meint, der englische Patient ist nicht transportfähig, so blieb sie mit ihm zurück. Sie pflegt ihn aufopferungsvoll und er beginnt, ihr seine Geschichte zu erzählen.

Vor vielen Jahren habe ich den Film gesehen und danach erfahren, dass es ein Buch gibt. Durch die vielen Sprünge (für die Ondaatje bekannt sein soll) von einem zum anderen Rückblick ist es ein wenig schwer zu lesen.




Cecelia Ahern: Ich schreib Dir morgen wieder

Dieses Buch ist die Geschichte der verwöhnten siebzehnjährigen Tamara, deren Vater Selbstmord beging und die nun alles Hab und Gut verlor und mit der Mutter zu armen Verwandten ziehen musste. Ich hatte schon die Befürchtung, mein erstes Kindle-Buch abbrechen zu müssen, aber von einem anfänglichen "La-la-la" entwickelte sich die Geschichte doch noch ziemlich spannend. 
Es geht um ein Tagebuch, in welches Tamara heute schon schreibt, was sie morgen erleben wird, und um ein Familiengeheimnis, das sich zu einem richtigen Drama entwickelt und am Schluss des Buches seine Auflösung erfuhr.

Gilbert Adair: Blindband

Wenn ich geahnt hätte, was hier thematisiert wird, hätte ich das Buch wahrscheinlich nicht gelesen.
Es geht um einen blinden Schriftsteller, der per Anzeige jemanden sucht, sein letztes Buch für ihn zu schreiben. Es soll eine Art Autobiografie werden. Bis dahin hörte es sich alles noch gut an. Es schien ein Buch aus meinem Lieblingsgenre zu sein.
Die Wendung, die die Geschichte dann langsam und gegen Schluss mit Gewissheit nahm, war nichts für meine schwachen Nerven, da es sich um Kindesmissbrauch handelt.

Samstag, 18. Mai 2013

Julia Drosten: Die Seidenrose (ebook)

Inhalt:
Mirella wird mit 15 Jahren zur Vollwaisin. Durch eine Umweltkatastrophe verliert sie ihre Eltern, ihre Brüder und die ganze Verwandtschaft.
Einzig lebende Verwandte ist ihre Tante Antoinette in New York, die einen gut gehenden Kosmetiksalon besitzt.
Durch die Ausbildung bei ihrer Tante entdeckt Mirella ihre Liebe zur Kosmetik und ist auch schon bald sehr geachtet.
Doch da ereilt sie der nächste Schicksalsschlag.....

Meine Meinung: 
Julia und Horst Drosten erzählen uns eine sehr schöne, einfühlsame, aufwühlende, ergreifende, bildhafte aber auch spannende Geschichte über eine starke und emanzipierte junge Frau.
Die Charaktere sind alle sehr authentisch und ich habe die taffe Mirella und ihre Tante sofort ins Herz geschlossen.
Durch den flüssigen und anschaulichen Schreibstil konnte ich die Atmosphäre im Kosmetiksalon förmlich spüren, konnte die Düfte der Produkte riechen und bekam gleich selber Lust, mich einer Kosmetikbehandlung zu unterziehen. Genauso teilte ich aber auch das Leid und die unschönen Erlebnisse von Mariella und Nora.
Noras Geschichte war für mich sehr bewegend. In ihrem Leben traten oft Wendungen ein, mit denen ich nie gerechnet hätte.
Gut hat mir auch die Entwicklung der Protagonisten gefallen, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen konnte.
Sehr gut wurde auch Fiktion und Wahrheit vermischt. So treffen wir auf Elizabeth Arden, das sinken der Titanic und auch vom Krieg werden wir nicht verschont.
Das Buch bekommt von mir 5 von 5 Sternen und eine unbedingte Leseempfehlung.

Montag, 13. Mai 2013

Fanny Wagner: George Clooney, Tante Renate und ich

Inhalt:
Eva hat in ihrem Leben mit den Männern meistens Pech und wohnt mit ihren Freundinnen in einer Mädels-WG, in der es ziemlich turbulent zugeht.
Als dann eines Tages auch noch Tante Renate bei Ihnen einzieht, das Internet entdeckt und Eva im Hausgang plötzlich einer jüngeren Version von George Clooney gegenübersteht, ist das Chaos perfekt.

Meine Meinung:
Dies ist mein zweiter Roman von Fanny Wagner und auch der konnte mich wieder absolut begeistern.
Der Humor von Frau Wagner ist einfach köstlich. Die Autorin greift sich Begebenheiten aus dem täglichen Leben, wie sie jeder von uns bestimmt auch schon erlebt hat und würzt sie mit der richtigen Prise Humor.
Ihre Protagonisten sind absolut authentisch und liebenswert und man hat einfach nach jeder Lektüre das Gefühl, dazuzugehören.
Ich fühlte mich jedenfalls bestens unterhalten, mußte viel lachen und freue mich schon sehr auf eine weitere Geschichte.

Dienstag, 7. Mai 2013

Santiago Garcia-Clairac: Das magische Buch

Das Buch seines Vaters "Das unsichtbare Buch" ist ein voller Erfolg. Der Verlag möchte, das ein zweiter Teil geschrieben wird. Und Césars Vater hat diesmal auf einen Umzug aus der Stadt verzichtet. Das freut César natürlich unheimlich, doch ist die Sache nicht so einfach.
Der Vater scheint Schwierigkeiten zu haben, so recht anfangen zu können. Er verlässt das Haus seit Tagen nicht mehr. Die Mutter wird nervös, die Brüder streiten sich. Und dann geschieht es, er erleidet einen Herzinfarkt und muss ins Krankenhaus.
Während César am Verzweifeln ist, hat seine Freundin Lucia, die angehende Schriftstellerin, wieder die richtigen Ideen im Kopf. Das Buch muss gerettet werden. Aber sie müssen an zwei Fronten kämpfen, denn auch in der Schulklasse geht es um einen Kampf für die Bücher.

Wagner Fanny, Birk Carolin: Garantiert wechselhaft

Inhalt:
Nina ist vom ihrem Mann Volker, ein richtiges Ekel, geschieden. Er meint aber, dass Nina trotzdem noch nach seiner Pfeife zu tanzen hat und macht ihr das Leben schwer.
Da kommt die Erbschaft eines Wirtshauses im fränkischen Wiestal wie gerufen.
Sofort machen sich Nina und ihre Tochter Marie auf in ihr neues Leben.
Doch was Volker in Berlin war, sind das Schnepfen-Quartett in Wiestal.
Denn die vier einheimischen Grazien machen Nina die Eingewöhnung nicht gerade leicht.....

Meine Meinung:
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und mich bestens amüsiert. Der fränkische Dialekt ist einfach nur zum Kringeln.
Ich finde alle Charaktere sind sehr liebevoll und authentisch beschrieben.
Nina, und Marie hätte man selber gerne als Freundinnen, sie meistern zusammen einfach jede Situation und sei sie auch noch so schwierig. Gut wenn man dann auch noch so eine liebe Nachbarin wie die Gundi hat.
Aber auch die vier Schnepfen sind sehr gut getroffen, man möchte manchmal am liebsten ins Buch rein springen, weil sie einen so wütend machen.

Jetzt am Schluß habe ich sogar das Gefühl, nach Wiestal zu gehören und alle Charaktere persönlich zu kennen.

Auch das Buch ist sehr liebevoll gestaltet. Zuerst fällt einem natürlich das schöne Cover auf, aber auch im inneren ziert ein kleiner süßer Frosch die Wettervorhersagen vor jedem Kapitel.

Ich kann das Buch nur wärmstens weiterempfehlen und wünsche den beiden Autorinnen viele Einfälle für weitere gute Laune Bücher.

Sonntag, 5. Mai 2013

Tom Harper: Das Buch des Satans

Bevor in einem verschneiten kleinen Ort in Deutschland die amerikanische Forscherin Gillian eine unglaubliche Entdeckung macht, verschwindet sie spurlos. Per Internet kann sie aber noch eine Nachricht an ihren Exfreund chicken: das Bild einer mittelalterlichen Spielkarte. Nick, tätig beim FBI, ahnt sofort, dass Gillian in Gefahr ist. Noch dazu, wo er plötzlich selbst von Unbekannten verfolgt wird. Die Suche nach Gillian führt ihn ins alte Europa. Offenbar war die junge Frau bei ihren Forschungen auf ein Geheimnis gestoßen, das mit dem Erfinder Johannes Gutenberg zu tun hat. Und mit einem Buch, von dessen Existenz kein Lebender wissen darf.

Doch Nick ist nicht ganz alleine auf der Suche, eine junge Frau hat sich ihm angeschlossen, Gillian zu finden oder zu erfahren, was aus ihr geworden ist und was es mit diesem Buch auf sich hat. Dabei sind sie zu Gejagten geworden, und die, die ihnen helfen, werden getötet.
Eine tolle Idee bietet dieses Buch. Anfangs ist es eingeteilt in Kapiteln. Die Geschichte beginnt in der Gegenwart und wechselt Kapitel für Kapitel mit dem Mittelalter. Im Mittelalter gibt es einen Ich-Erzähler, Johannes Gensfleisch, der die Goldschmiedekunst lernt und mittlerweile der Alchimie frönt. Auch er ist ständig auf der Flucht.
Mittlerweile wird die Geschichte immer dichter, in der Gegenwart und im Mittelalter. Und nun, je schneller auch die Gejagten unterwegs sind, desto schneller auch die Wechsel. Und zwar nicht mehr Kapitel für Kapitel, sondern innerhalb eines Kapitels.

Diese Art des Erzählens hält den Leser total unter Spannung und man mag das Buch nicht aus der Hand legen.

Johannes Gensfleisch, der im Mittelalter seine Geschichte erzählt, ist hier gleichzusetzen mit Johannes Gutenberg. Über dessen Leben ist ja nicht allzu viel bekannt. Vor allem die Zeit, bevor er den Buchdruck erfand, schwebt im Dunkeln. Eine tolle Idee von Harper, sich eine Geschichte über ihn auszudenken, wie sie hätte sein können.

Samstag, 4. Mai 2013

Santiago Garcia-Clairac: Das unsichtbare Buch

César ist nicht nur schlecht gelaunt, er ist stinksauer. Schon wieder eine neue Stadt, eine neue Schule. Sein Vater, ein Kinderbuchschriftsteller, schreibt ein neues Buch. Und für jedes neue Buch muss die gesamte Familie umziehen. Da haben es César und sein Bruder Javier nicht leicht.
César, der hier die Geschichte erzählt, setzt sich in der Klasse in die letzte Reihe. Da achtet der Lehrer nicht so auf ihn und er kann seinen Tagräumen nachhängen, denkt er. Aber nein, ein hässliches Mädchen setzt sich zu ihm. Lucia, die Haare auf den Zähnen zu haben scheint. Und sie scheint seine Gedanken lesen zu können und macht ihn gleich kräftig zur Schnecke.
Beim Abendessen macht César kein Hehl aus seinem Ärger. Javier zumindest will vom Vater wissen, worum es in dem neuen Buch geht. Das trägt den geheimnisvollen Titel "Das unsichtbare Buch" und kann nicht von jedem gesehen werden. Doch mehr will der Vater nicht verraten, weil er der Meinung ist, dass es Unglück bringt, wenn sie von den Geschichten sprechen, die er gerade schreibt.

Aber auch Lucia möchte gerne wissen, woran sein Vater schreibt. Und da sie ihm so freundschaftlich beigestanden hat, als ein paar Mitschüler ihm ans Leder wollten, stibitzt er vom Vater ein paar ausgedruckte Blätter des Buches. Nach der Schule gehen die beiden in eine Eisdiele, César mächtig nervös, und Lucia beginnt, das Ausgedruckte vorzulesen. Und während César sich nebenbei sein Eis schmecken lässt, und mitbekommt, wie verzaubert Lucia von der Geschichte ist, stellt er plötzlich fest, wie schön sie ist.
Und weil die Geschichte wirklich richtig spannend wird, klaut er immer wieder die Arbeit des Vaters, um sie gemeinsam mit Lucia zu lesen. Und er stellt dabei fest, dass ihm das Lesen plötzlich Spaß macht. Noch dazu das Lesen einer Geschichte seines Vaters, dessen Bücher er ja bisher nicht gelesen hat.
Und eines Tages, als Lucia sich mit César im Heizungskeller versteckt, um weiterzulesen, werden sie von drei Klassenrüpeln entdeckt, verprügelt und die Seiten werden zerrissen.

Hier schließe ich nun, den Rest müsst ihr selbst lesen, wenn ihr Lust drauf habt.