Montag, 29. Juni 2015

Rollentausch

Moin miteinander,

ich mach es kurz und bündig: Es gibt einen Rollentausch bei "Didonias Lesetagebuch". Ich übergebe Renie das Steuer für diesen Blog.Und damit die Verantwortung und den großen Spaß, einen Blog zu betreiben.

Ich selbst ziehe mich etwas zurück und bleibe dem Blog als Co-Autor erhalten. 

Viel Spaß, liebe Renie.


Mittwoch, 24. Juni 2015

Blogger und Buchhändler

Die gemeinsame Aktion „Blogger und Buchhändler“, die von Thomas Calliebe und mir aus der Taufe gehoben wurde, hat nicht nur für Schlagzeilen gesorgt, sondern auch viele greifbare Ergebnisse in der Vernetzung und Kooperation zwischen diesen beiden neu verliebten Bücherwelten initiiert. Der Leitartikel zur Aktion Mein Schaufenster ist der Spiegel Deines Lesens wird ständig aktualisiert und es kommen auch in der Facebook-Gruppe immer neue Schaufenster ans Tageslicht.

So steht es im Blog von Arndt Stroscher geschrieben. Nun ging Arndt Stroscher einen Schritt weiter und hat verschiedenen Buchhändlern einen Fragebogen zugesandt, der auch fleißig beantwortet wurde. Die wunderbaren Antworten könnt ihr hier lesen.

Mittwoch, 17. Juni 2015

John Berger: G.

Man Booker Preisträger 1972:



Ist es eigentlich ein Frevel, wenn man einen hochgelobten Preisträger abbricht? Tut mir leid, aber ich kann nicht anders. Ich habe selten ein dermaßen schlechtes Buch gelesen.
Der Wikipedia-Eintrag deutete schon darauf hin, dass dieses Buch sehr speziell ist:

G. 1972. G. ist ein experimenteller Roman, durchdrungen von verschiedenen diskursiven Ebenen. Der Roman bearbeitet den Don Juan Mythos (G.= Giovanni, Don Giovanni = Don Juan) und zeichnet G. als existentiellen Helden, der sich gegen die herrschende Ordnung stellt.

Dieses Buch war mir nach 50 Seiten dann doch zu speziell.

Worum geht es? Da ich nur den Anfang des Buches kenne, gebe ich hier den Klappentext wieder:
Wer verbirgt sich hinter dem Kürzel G.? Gleich drei Personen betreten die Bühne dieses Romans: Giovanni, ein Don Juan. Garibaldi, Italiens Befreier. Geo Chavez, ein Pilot. Er erobert den Himmel. Das Kürzel G. wird zum Emblem vielfältiger Entgrenzungs- und Befreiungswünsche – sexueller, politischer und räumlich-geografischer. In seinem Roman spürt John Berger die rebellischen Momente der Epoche vor dem Ersten Weltkrieg auf und zeichnet ein Panorama voller Sinnlichkeit.

Dieses „Panorama voller Sinnlichkeit“ hat sich mir leider nicht offenbart. Dazu habe ich den Sprachstil als viel zu verworren und schwer verständlich empfunden. Die Handlung wird immer wieder von philosophischen Gedankengängen unterbrochen, die für mich leider kaum nachvollziehbar waren und wobei mich Berger immer wieder abgehängt hat.
Hier ist ein Beispiel:
Wenn der Tag sich einmal eingerichtet hat, wird er für sich kaum noch wahrgenommen; nur wenn es ein dramatisches Gewitter, einen Schneesturm oder eine partielle Sonnenfinsternis gibt, vergessen wir vielleicht den üblichen Ablauf unseres Lebens. Doch am Anfang oder am Ende des Tages, zur Zeit der Morgenröte oder des Sonnenuntergangs, wenn sich das Verhältnis zu allem Sichtbaren in schneller Veränderung befindet, neigen wir dazu, uns des Augenblicks bewußt zu sein wie dessen, womit wir ihn ausfüllen – ja manchmal sogar noch mehr. Angesichts der Morgenröte ist selbst der größte Egoist versucht, sich selbst zu vergessen. Ich gehe daher davon aus, daß das Erlebnis des Tagesanbruchs oder der hereinbrechenden Nacht in etwas geringerem Maße der historischen Veränderung unterliegt als das Erlebnis der Tage selbst.“

Häh???? Ich denke, dass ich ansatzweise verstehe, was Berger meint – sicher bin ich mir aber nicht. Aber lassen wir das….

Womit ich gar nicht klar gekommen bin, ist der Moment in dem Buch, als ein 5-Jähriger (FÜNF!!!!) im Detail seine sexuellen Fantasien und Gefühle beschreibt und dabei ans Heiraten denkt. Geht’s noch? Ein 5-Jähriger? Bei einem 5-Jährigen gehen die sexuellen Fantasien nicht über das „Doktorspielen“ hinaus. Mal abgesehen davon, dass er dies auch sicher nicht als sexuelle Fantasie definieren würde.

Bei dieser Stelle habe ich schließlich aufgegeben:
Der Junge trinkt Tee mit Zucker und erlebt das Schlucken des Tees folgendermaßen:
„Im Inneren des Mundes, der so mit dem Geschmack des Tees ausgekleidet ist, gibt es außerdem einen extra starken, fast übertriebenen Zuckergeschmack. Es ist ein Geschmack, der nicht auf den Mund begrenzt ist. Mit der Süße ist es wie mit dem Faden der Eurydike: sie führt von der Zunge den Schlund hinunter und dann auf geheimnisvolle Weise durch den Magen zu dem sexuellen Zentrum, in jenen winzigen Bezirk (der sich beim Mann von den Sexualorganen selbst unterscheidet), in dem sich das sexuelle Wohlbehagen ansammelt, bevor es in Wellen nach außen dringt. Dem Zucker haben wir die erste Einführung in das Liebesleben zu verdanken.“


Was für ein Blödsinn! Gab es denn 1972 keinen anderen Anwärter für den Man Booker Prize? Waren die anderen Werke, die zur Auswahl standen noch schlechter? Das kann ich ja gar nicht glauben.

Bernice Rubens: Es geschah in einer Seitenstraße



Klappentext:Aus Notwehr wird die blutjunge Bronwen Davies zur Mörderin. Sie behält das schreckliche Geheimnis für sich, auch als ein Unschuldiger angeklagt wird. Doch seitdem plagen sie tiefe Schuldgefühle, die nur von ihrer Nase verraten werden. Diese beginnt jedesmal heftig zu bluten, wenn Bronwen an jenen Tag erinnert wird. Bronwen glaubt, mit ihrer schuldbeladenen Vergangenheit bis ans Lebensende allein bleiben zu müssen........
Bernice Rubens hat eine tief bewegende Geschichte über Schuld und Liebe, Erlösung und die destruktive Macht der Erinnerung geschaffen.

Dieses Buch ist das erste, das ich im Rahmen meiner Challenge "Booker Prize" gelesen habe (Gewinnerin 1970).
Hier sind die Eindrücke, die ich unmittelbar nach dem Lesen im Februar notiert hatte:

Beim Lesen war ich hin und her gerissen zwischen Begeisterung für die Geschichte und Unverständnis für die Ich-Erzählerin. Es gelang mir nicht, mich in sie hineinzuversetzen, so dass ich ihre Handlungen nicht immer nachvollziehen konnte. Aber wahrscheinlich war sie einfach nur ein Opfer ihrer Erziehung, die sich den Moralvorstellungen ihrer Umwelt unterworfen hat.

Interessant, sich jetzt, nach 4 Monaten nochmal mit dem Buch auseinanderzusetzen. Und siehe da, das Buch hat bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Ich kann mich immer noch gut an einzelne Textpassagen erinnern, trotzdem ich in der Zwischenzeit zig andere Bücher gelesen habe. So gesehen hat dieses Buch für mich etwas Spezielles: Ich muss nicht mit dem Autor einer Meinung sein, um sein Buch zu mögen. Auch ein Buch mit kontroversen Ansichten kann ein gutes Buch sein.

Eine Besonderheit habe ich vergessen: Ich hatte dieses Buch damals "gebraucht" bestellt. Als ich es das erste Mal aufgeschlagen habe, habe ich mich geärgert, weil irgendein Blödmann mit Kugelschreiber auf die Titelseite gekritzelt hat. Aber nach genauerem Hinsehen, stellte sich heraus, dass das Gekritzel eine Widmung von der Autorin ist, womit es sich einen Ehrenplatz in meinem Bücherregal verdient hat.

Man Booker Prize - Challenge

Ich hatte mir vorgenommen, im Verlauf dieses Jahres sämtliche Preisträger des "Man Booker Prize" zu lesen. Es sind ja nur bis jetzt 46 - das sollte doch zu schaffen sein ;-)
Aber heute, nachdem die Hälfte des Jahres fast um ist, stelle ich fest, dass mein Vorhaben utopisch ist. Ich habe gerade mal 3 Preisträger geschafft! Also mache ich aus der Jahres-Challenge doch lieber eine Jahrhundert-Challenge :-)
Aber lesen will ich die Preisträger trotzdem.

Was ist der Man Booker Prize?
Der Booker Prize ist der wichtigste britische Literaturpreis. Er wird seit 1969 jährlich für einen englischsprachigen Roman eines Schriftstellers aus dem Vereinigten Königreich,Irland oder dem Commonwealth vergeben. Der Preisträger erhält 50.000 Pfund Sterling. – Im Jahr 2005 wurde außerdem erstmals der neugeschaffene Man Booker International Prize verliehen (Preisgeld 60.000 Pfund), mit dem ein Autor beliebiger Nationalität für sein auf Englisch verfügbares (Gesamt-)Werk ausgezeichnet wird. Dieser Preis wird alle zwei Jahre vergeben.
Der Preis wurde ursprünglich von der britischen Firma Booker plc verliehen. Seit 2002 zeichnet die Stiftung Booker Prize Foundation verantwortlich für die Vergabe. Hauptsponsor ist Man Group plc, weshalb der offizielle Name Man Booker Prize for Fiction resp. Man Booker International Prize lautet.
(Quelle: Wikipedia)


Wem danach ist, kann sich hier ansehen, was ich mir vorgenommen habe. Ich werde mit der Zeit diejenigen Preisträger vorstellen, die ich gelesen habe.
Quelle: http://www.themanbookerprize.com/media

Sonntag, 7. Juni 2015

Ein Krimi, den man nicht aus der Hand legen kann - Sonja Rüther: Blinde Sekunden

Kurzbeschreibung der Verlagsseite
Das Grauen lauert nicht nur in dunklen Gassen. Gerade noch ging die attraktive Silvia durch eine gutbesuchte Hotellobby – im nächsten Moment ist sie spurlos verschwunden. Ein Täter scheint schnell festzustehen. Aber wurde Silvia wirklich das jüngste Opfer jenes Serienmörders, der die Öffentlichkeit immer wieder in Angst und Schrecken versetzt? Für Kommissar Rieckers soll dies der letzte Fall vor seiner Pensionierung werden. Doch selbst seine langjährige Erfahrung hat ihn nicht auf das vorbereitet, was er herausfinden wird …



Diesen Krimi habe ich im Rahmen einer Leserunde bei Whatchareadin gelesen. Schon zu Beginn zeichnete sich ab, dass dieser Krimi etwas Besonderes ist. Er ist wenig reißerisch, die Blutströme halten sich in Grenzen und doch kann man ihn nicht aus der Hand legen. Denn er ist megaspannend! 


Wie bekommt Sonja Rüther es hin, den Leser dermaßen zu fesseln? Anfangs plätschert die Handlung vor sich hin, konzentriert sich dabei auf die einzelnen Charaktere in dem Buch: Kommissar Rieckers, der kurz vor der Pensionierung steht; ein Schönheitschirurg, dessen Behandlungsmethoden im Verlauf der Handlung immer merkwürdiger werden; die Frau des Schönheitschirurgen, die nie schön genug ist. Dies sind nur einige der Charaktere, die an der Handlung beteiligt sind. Und es ist ein großes Vergnügen, sich mit ihnen zu befassen. Denn man stößt beim Lesen ständig auf kleine Hinweise, die darauf hindeuten, dass nichts so ist, wie es scheint, und fast jeder irgendetwas zu verbergen hat.

Schon nach wenigen Kapiteln ertappt man sich dabei, dass man anfängt zu spekulieren. Was ist mit Silvia passiert? Wer hat mit ihrem Verschwinden zu tun? Der Ehemann, der Arbeitskollege oder doch der Serienmörder? Was haben der Schönheitschirurg und seine Frau mit der ganzen Sache zu tun?
Und diese Fragen begleiten den Leser bis zum Schluss und lassen einen das Buch nur ungern aus der Hand legen.

Dieser Krimi ist nicht nur spannend, sondern er besitzt auch eine ordentliche Portion Humor. Ich bin immer wieder bei Sätzen hängen geblieben, die mich zum Schmunzeln gebracht haben. Einer meiner Favoriten ist:

„Ich kann hören, wie dein IQ sinkt.“ 
(Diesen Spruch nehme ich in mein Repertoire auf. 
Gelegenheit, ihn einzusetzen gibt es reichlich ;-))

Oder „Bärchen“ Holger. Seine Beschreibung und die, seiner Lebensumstände ist urkomisch, fast schon klischeehaft. Ein erwachsener Pullunderträger, der unter der Fuchtel seiner Mutter (sie: natürlich in Kittelschürze!) steht! Fast kann er einem schon wieder leid tun.

Es hat einen riesengroßen Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen. Diese Kombination aus Spannung, Humor und Charakterstudien ist großartig. Ich habe selten einen Krimi erlebt, der den Leser dermaßen zum Grübeln bringt und Spekulationen aus ihm herauskitzelt.
Dieses Buch macht Lust auf mehr. Es wäre schön, wenn es noch weitere Bücher um Kommissar Rieckers gäbe. Hinweise in dem Buch auf alte Fälle des Kommissar lassen hoffen.

Und wie meint Kommissar Rieckers zum Schluss?
„Wie ich schon sagte, die Verkettungen in diesem Fall sind so unglaublich, dass man ein Buch darüber schreiben könnte.“

Wie gut, dass Sonja Rüther genau dies gemacht hat ;-)

Montag, 1. Juni 2015

Taiye Selasi: Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Der Verlag über das Buch:

Die literarische Sensation aus Amerika – ein kosmopolitischer Familienroman: In Boston, London und Ghana sind sie zu Hause, Olu, Sadie und Taiwo. Sechs Menschen, eine Familie, über Weltstädte und Kontinente zerstreut. In Afrika haben sie ihre Wurzeln und überall auf der Welt ihr Leben. Bis plötzlich der Vater in Afrika stirbt. Nach vielen Jahren sehen sie sich wieder und machen eine überraschende Entdeckung. Und sie finden das verloren geglaubte Glück – den Zusammenhalt der Familie. Endlich verstehen sie, dass die Dinge nicht einfach ohne Grund geschehen. So wurde noch kein Familienroman erzählt. Taiye Selasi ist die neue internationale Stimme - jenseits von Afrika. (Quelle: S. Fischer Verlage)





"Man lebt sein ganzes Leben in dieser Welt, in diesen Welten, und man weiß, was die Leute über einen denken, man weiß, was sie sehen. Man sagt, ich bin Afrikaner, und möchte sich dafür entschuldigen, will sofort nachschieben: Aber ich bin intelligent. Es gibt keine Wertschätzung. Man spürt es. ... Man will, dass sie einen für wertvoll halten, nicht staubig, nicht kaputt, nicht rückständig, stimmt's? Man will, dass es einem scheißegal ist, aber es ist einem nicht scheißegal, weil man Bescheid weiß, ... - man hat Angst vor dem, was sie denken, aber nicht sagen. Und dann, eines Tages, hört man es doch." (S. 383)
Die Geschichte beginnt mit einem Herzinfarkt. Während der letzten Momente in seinem Dasein, durchlebt Kweku  Sai noch einmal einzelne Episoden seines 57-jährigen Lebens: in Ghana aufgewachsen, irgendwann nach Amerika ausgewandert, eine Ausbildung zum Chirurgen gemacht, geheiratet, 4 Kinder in die Welt gesetzt. Nachdem er beruflich scheitert, verlässt er seine Frau Fola und die Kinder und geht zurück nach Ghana. Fola wird sich ein Leben lang fragen, warum Kweku sie verlassen hat. Von dem beruflichen Misserfolg weiß sie nichts. 
In Ghana lernt er seine zweite Frau Ama kennen. Er hat keinen Kontakt mehr zu seinen Kindern. 
Nachdem sie vom Tod ihres Vaters erfahren, reisen die Kinder nach Ghana. Hier treffen sie Fola, die ebenfalls vor einigen Jahren wieder zurück nach Afrika gegangen ist. Gemeinsam verbringen sie die Tage vor Kweku's Bestattung und arbeiten ihre Vergangenheit auf.

Anfangs hatte ich meine Schwierigkeiten mit diesem Buch. Der Schreibstil von Taiye Selasi ist gewöhnungsbedürftig, da sie sehr gern die Aneinanderreihung von Satzfragmenten als stilistisches Mittel einsetzt. Hier ist ein Beispiel:
"Eine Frau. Die Stimme einer Frau. Die Liebe einer Frau. Die Liebe zu ihr und ihre Liebe. Eine Frau, zwei Frauen. Die Mutter und Geliebte, wo alles beginnt und endet, wie er es schon immer vermutet hat." (S. 31)
Im Verlauf der Geschichte habe ich mich an diesen Erzählstil gewöhnt. Ich musste sogar feststellen, dass dieser spezielle Stil dazu beigetragen hat, dass mich die Geschichte völlig in ihren Bann gezogen hat. Die Handlung entwickelt einen Sog, dem man sich als Leser nicht entziehen kann. Die Stimmung, die vermittelt wird, ist teilweise beklemmend, aber auch aufwühlend. Und oft verspürt man eine unterdrückte Wut, mit der dieser Roman erzählt wird.

Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Jeder der Familie Sai kommt zu Wort und schildert Episoden aus der Vergangenheit. Leider gibt es dabei keine Chronologie. Man muss also beim Lesen höllisch aufpassen, um zu verstehen, in welchem Abschnitt der Familiengeschichte man sich gerade befindet. 
Die Charaktere erschließen sich dem Leser erst im Verlauf der Geschichte. Aber eines ist von Anfang an klar: Jedes Mitglied der Familie Sai scheint psychische Probleme zu haben. Insbesondere die Kinder stehen unter einem enormen seelischen Druck. Sie konkurrieren untereinander, sind nicht in der Lage eigene Schwächen zu akzeptieren und versuchen, ihren Geschwistern nachzueifern. Eines haben sie gemeinsam: sie buhlen um die Zuneigung ihrer Eltern. 
"Rasende Wut, aus dem Nichts. Sie schaut ihre Mutter an und spürt, wie die Wut in ihr aufsteigt, quälend und gleichzeitig peinlich, dass das ausgerechnet jetzt passiert, während die anderen lachen und ihre Trauer einen Moment beiseiteschieben, um Sadie zu feiern, kleine Sadie, südße Sadie, saubere Sadie, reine Sadie, niedlich wie ein Baby, das man einfach knuddeln will. Aus dem Nichts packt sie eine Wut jenseits aller Vernunft." (S. 340 f.)
"Familie" - ein Sinnbild für Geborgenheit, Fürsorge und emotionaler Bindung. Insbesondere Fola, die Mutter, versucht, dieses Bild aufrechtzuerhalten. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Das Miteinander der Familie Sai hat wenig mit dieser Illusion zu tun. Erst zum Ende des Buches versteht der Leser, warum die Familie ist, wie sie ist. - "denn diese Dinge geschehen nicht einfach so." 

Fazit:
Ein lesenswertes Buch mit einem gewöhnungsbedürftigen Erzählstil, das zum Ende trotz aller Tragödien, mit denen die Familie zu kämpfen hat, einen versöhnlichen Ausklang findet.

© Renie

Diese Dinge geschehen nicht einfach so
Autorin: Taiye Selasi
S. Fischer Verlag
ISBN: 978-3-10-072525-7

Über die Autorin:
Taiye Selasi ist Schriftstellerin und Fotografin. Sie erfand den Begriff »Afropolitan«. »Afropolitan« bezeichnet eine neue Generation von Weltbürgern mit afrikanischen Wurzeln. Toni Morrison, die Selasi während ihres Studiums in Oxford kennenlernte, inspirierte sie zum Schreiben. Ihre erste Erzählung ›The Sex Lives of African Girls‹ erschien in der Literaturzeitschrift »Granta«. ›Diese Dinge geschehen nicht einfach so‹ ist ihr erster Roman. Selasi ist in London geboren und wuchs in Massachusetts auf. Ihre Eltern, beide Ärzte und Bürgerrechtler, stammen aus Ghana und Nigeria. (Quelle: S. Fischer Verlage)