Samstag, 4. September 2021

Barbara Frandino: Das hast du verdient

Ein eisernes Gesetz, das die meisten Kinder kennen, lautet: "Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen". Als Erwachsener geht man jedoch großzügiger mit dieser Regel um, was Scheidungsraten beweisen. 
Der Roman „Das hast du verdient“ der italienischen Autorin Barbara Frandino beschreibt den Versuch zweier Eheleute, das Versprechen, das sie sich einst gegeben haben, krampfhaft einzuhalten.

Früher haben sie sich geliebt: Claudia und Antonio, er – ein bekannter Fernsehstar, sie – eine Ghostwriterin, die gewohnt ist, im Schatten zu stehen. Die Ehe ist kinderlos geblieben. Lange Jahre sind sie glücklich gewesen. Doch aus Verliebtheit wurde Gewohnheit, an der man aus Feigheit vor einer endgültigen Entscheidung festhält. Das Bewusstsein der eigenen Feigheit macht wütend. Und die Wut richtet sich gegen den Menschen, den man lieben sollte.
"Mir ist, als würde jedes Lob im Grunde eine Lüge oder Falle sein, also tue ich so, als ob ich es nicht gehört hätte, während die Beleidigungen, auch die geflüsterten, laut wie Schreie sind. Ich höre tagelang ihr Echo." 
Quelle: Folio Verlag
Die Trennungsgeschichte der beiden Eheleute wird aus der Perspektive von Claudia erzählt. Sie berichtet von den Kränkungen, die sie durch Antonio erfahren muss. Als Mensch mit wenig Selbstbewusstsein sucht sie die Gründe für diese Kränkungen zunächst bei sich. Mit der Zeit gewinnt sie jedoch in dem Konflikt mit ihrem Ehemann an Stärke, aber leider auch an Verbitterung, die sich in Gegenangriffen äußert. Das Zusammenleben der beiden wird zum Kriegsschauplatz. Anfangs ergreift man Partei für die zarte Ehefrau, die unter ihrem Mann zu leiden hat. 
Trotz des Blickwinkels der Ehefrau gelingt es aber der Autorin, den Leser im weiteren Verlauf der Geschichte zum Unparteiischen zu machen. Diese Entwicklung hat mir ausgesprochen gut gefallen, da sie der Realität entspricht. Denn zu einer Trennung gehören immer zwei.
"So vergeht die Zeit, in Form kleiner Verluste. Wir gewöhnen uns an die Abwesenheit, machen immer wieder kleine Anpassungen. Bis wir feststellen, dass wir mehr dem ähneln, was fehlt, als dem, was geblieben ist."
Der Roman „Das hast du verdient“ ist zwar eine Geschichte, die aus dem Leben gegriffen ist, denn leider sind Ehetrennungen mittlerweile zur Normalität geworden, doch gleichzeitig ist diese Geschichte erschütternd, denn sie verdeutlicht, wie schmal der Grat zwischen Liebe und Ablehnung gegenüber demjenigen Menschen sein kann, dem man einst ewige Treue und ein Zusammensein bis zum Tod versprochen hat. Dieser Roman ist dabei nicht reißerisch und weit entfernt von Trennungsgeschichten wie "Der Rosenkrieg" (Autor: Warren Adler), der durch seine Verfilmung im Jahr 1989, mit Michael Douglas und Katherine Turner in den Hauptrollen, bekannt wurde, und in dem eine Ehe in Zerstörung, Mord und Totschlag endet. 
Barbara Frandino wählt in ihrem Roman den subtilen Weg und kommt mit leisen Tönen daher, was diesem Roman Glaubhaftigkeit und Intensität verleiht.

Leseempfehlung!

© Renie