Freitag, 21. Dezember 2018

Lucky Whineberg: Amys Weihnachtsbriefe

Quelle: Pixabay/photosforyou
Alle Jahre wieder lese ich zur Einstimmung auf Weihnachten eine Weihnachtsgeschichte. Da kann der vorweihnachtliche Rummel noch so stressig sein. Eine Weihnachtsgeschichte holt mich runter und macht mich tiefenentspannt. Von Charles Dickens bis Renate Bergmann, ich habe schon viele gelesen. Und ich freue mich, wenn ich wieder eine neue Geschichte entdecke, so wie die Erzählung "Amys Weihnachtsbriefe", von der ich behaupte, dass jeder Familienmensch sie lieben wird.

"Amys Weihnachtsbriefe" von Lucky Whineberg beginnt am Tag vor Weihnachten, in einer Küche. Hier versucht sich Amy, die Ich-Erzählerin, an der Zubereitung des Weihnachtstruthahns - streng nach Mutters Rezept. Diese ist vor 2 Monaten gestorben - an Krebs. Die Familie ist mit dieser Krankheit vorbelastet. Ein jüngerer Bruder von Amy ist vor einigen Jahren an Leukämie gestorben. Auch der Vater lebt nicht mehr.
Von ehemals 7 Familienmitgliedern sind nur noch 4 übrig: Amy und ihre Geschwister Elise, Cathleen und Jamie. Und gerade zu Weihnachten wird ihnen der Verlust ihrer Angehörigen, insbesondere der Mutter, schmerzlich bewusst. 
Die vier Geschwister sind so unterschiedlich wie Menschen nur sein können. Die Mutter hat die Familie zusammengehalten. An Weihnachten wurde häufig gestritten. Wenn Charakterköpfe aufeinanderprallen, ist nun mal Stimmung in der Bude, wenn auch keine besinnliche. Und trotzdem war jedes Weihnachten am Ende doch wunderschön, nicht zuletzt durch die Fürsorge der Mutter. 

Die Geschwister wollen an ihrem traditionellen Familienweihnachtsfest festhalten. Mittlerweile sind sie in alle Winde verstreut und wollen sich im Haus ihrer Kindheit treffen, um hier gemeinsam Weihnachten zu feiern. Da erreicht sie eine Hiobsbotschaft: Elise ist bei ihrer Ankunft zusammengebrochen und ins Krankenhaus eingeliefert worden. Bei den Geschwistern läuten sämtliche Alarmglocken, denn sie haben einen fürchterlichen Verdacht, was die Ursache von Elises Zusammenbruch angeht. Und das Weihnachtsfest nimmt für die Geschwister einen Verlauf, den sie sich so nicht vorgestellt haben.
"Bitte lieber Gott, mach, dass alles gut wird! Mach, dass wir Elise mitnehmen können, dass ihr nichts fehlt. Mach, dass es endlich, endlich Weihnachten wird!"
Ich bin ein Familienmensch und habe diese Erzählung daher sehr genossen. Im Mittelpunkt steht der Zusammenhalt der Geschwister, die das Weihnachtsfest zum Anlass nehmen, sich auf das Besondere zu besinnen, das sie verbindet. Da können sie noch so unterschiedlich sein, sich streiten und unterschiedliche Lebenswege einschlagen haben. Am Ende überwiegt immer die Liebe zueinander. Und der Umgang der Geschwister miteinander macht mir wieder einmal deutlich, was Familie bedeutet:  Das Leben kann es noch so mies mit dir meinen ... es gibt immer jemanden, der für dich da ist. Dieses Urvertrauen kannst du nur in einer Familie finden.
"Es war nicht alles perfekt in all unseren gemeinsamen Jahren, aber vieles war gut. Ich wusste in diesem Moment, dass die traurigen Erinnerungen verblassen und dass die guten bleiben würden."
Lucky Whineberg hat eine stimmungsvolle Erzählung geschrieben. Dabei trifft sie genau das richtige Maß an Melancholie und Sentimentalität. Von Anfang an befindet man sich als Leser im Weihnachtsmodus, was ein sehr schönes Gefühl ist. Ich habe mich selbst dabei ertappt, wie ich an das Weihnachten meiner Kindheit gedacht habe, so dass mir während des Lesens ganz warm ums Herz geworden ist. Stimmung, Gefühl und Herzenswärme sind die Dinge, die ich an einer guten Weihnachtsgeschichte schätze. Und davon gibt es in Lucky Whinebergs Erzählung reichlich.

Leseempfehlung!

© Renie