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Der Vater, der hier vom Himmel fällt, ist Lyle Bowman, den gleich zu Beginn des Romans das Zeitliche segnet. Eigentlich fällt er gar nicht vom Himmel, sondern erscheint seinem jüngsten Sohn Greg, der eigens zur Beerdigung seines Vaters aus Amerika angereist ist. Lyle ist durch eine Verkettung unglücklicher und dämlicher Umstände gestorben. Und wie das so oft bei Beerdigungen der Fall ist, treffen hier Menschen aufeinander, die sich seit Jahren aus den Augen verloren haben. Hier sind es Billy und Greg Bowman, die beiden Söhne Lyles.
Quelle: Diogenes |
Greg, das schwarze Schaf der Familie, hat es vor ein paar Jahren nach Amerika verschlagen. Sein Bruder hingegen hat die Heimat England nie verlassen. Mittlerweile ist Billy verheiratet und hat eine Tochter. Greg war immer das schwarze Schaf der Familie, Billy war eher der Typ "dummes Schaf". Auch schwarze Schafe können beruflich erfolgreich sein: Greg hat mittlerweile eine Dozentenstelle an der Uni. Billy konnte bisher beruflich auf keinen grünen Zweig kommen. Egal, welchen Job er annimmt, er wird immer als der Loosertyp angesehen - leider nicht nur von den Kollegen sondern auch von der eigenen Frau.
"'Nimm die Dinge, wie sie kommen. Wenn du mal unten bist, rappel dich nicht sofort auf, nur um gleich wieder niedergestreckt zu werden. Und versuch, ein bisschen netter zu sein. Du musst ja niemanden mögen, es soll nur danach aussehen. So vermeidet man Konflikte, und das Leben lebt sich leichter. ...'" (S. 218)
Die Männer der Familie Bowman haben sich auseinandergelebt. Grund genug, für Vater Lyle vom Himmel "zu fallen", seinem Jüngsten allabendlich zu erscheinen und ihm zur Aufgabe zu machen, die Familie wieder zusammenzubringen. Zu den Bowman-Männern gehört auch Onkel Frank, ein hochbetagter und schwerhöriger Querulant, der einen Höllenspaß daran hat, seine Mitmenschen zu schockieren. Einzig Greg und Billy nehmen Onkel Franks Eskapaden mit Humor. In ein paar Wochen wird Greg wieder nach Amerika zurückkehren. Bis dahin wird sich einiges in der Familie Bowman tun. Denn die Bowmans (Verstorbene eingeschlossen) haben ihre Geheimnisse, die nach und nach aufgedeckt werden.
Bei diesem Roman handelt es sich also um eine Familienzusammenführung der besonderen Art.
Bei diesem Roman handelt es sich also um eine Familienzusammenführung der besonderen Art.
"Das musste Bowman-Liebe sein, vermutete Greg: stillschweigend, peinlich berührt, aber immer da." (S. 224)
J. Paul Henderson hat den saloppen Sprachstil, den er auch in seinem ersten Roman an den Tag gelegt hat, beibehalten. Fast schon im Plauderton erzählt er die Geschichte und platziert so ganz nebenbei mit großer Leichtigkeit einen Gag nach dem anderen. Allein schon die Charaktere und ihr Zusammenspiel garantieren viel Komik in diesem Roman: Onkel Frank und seine schrägen Ideen, mit denen er sein Umfeld immer wieder aufs Neue schockiert; Billy mit sehr skurrilen psychischen Problemen; Greg, der es in seiner Jugend richtig krachen ließ und jetzt an den Folgen zu knabbern hat; und natürlich Lyle, ein toter Vater, der seinem Sohn erscheint - wenn das nicht schräg ist, dann weiß ich nicht.
"' ... Nach meiner Erfahrung entstehen Meinungen meistens aus Unwissenheit, und diejenigen mit der lautesten Meinung sind für gewöhnlich die, die am wenigsten wissen. ...'" (S. 129)
Leider gibt es einen Aspekt in diesem Roman, den ich als störend empfand: J. Paul Henderson spricht in diesem Roman die unterschiedlichsten sozialkritischen Themen an: Kleinbürgertum, Ausländerfeindlichkeit, Immigration, das englische Gesundheitswesen, Religion - wahrscheinlich waren es noch mehr. Es scheint, dass es Henderson nicht ausreicht, einfach eine gute Geschichte zu schreiben, die seinen Leser grandios unterhält. Stattdessen versucht er seinem Buch einen sozialkritischen Anstrich zu verpassen. Das hätte ich in diesem Roman nicht gebraucht. Ich wäre mit der guten Geschichte, die einfach nur grandios unterhält, mehr als zufrieden gewesen.
Fazit:
"Der Vater, der vom Himmel fiel" reicht zwar nicht an das Erstlingswerk von Henderson heran. Trotzdem habe ich diesen Roman mit großem Vergnügen gelesen. Auch wenn mich die sozialkritische Themenschwemme gestört hat, haben doch die positiven Aspekte überwogen. Allen voran die skurrilen Charaktere und der saloppe Sprachstil des Autors. Man sollte sich diesen Roman daher nicht entgehen lassen.
© Renie
Über den Autor:
J. Paul Henderson, geboren 1948 in Bradford, Yorkshire, studierte Amerikanistik und promovierte über Darlington Hoopes (den letzten sozialistischen Präsidentschaftskandidaten der USA). Nach Gelegenheitsjobs als Gießer, Busfahrer und Finanzbuchhalter arbeitete er als Vertriebschef für den New Yorker Sachbuchverlag Wiley-Blackwell. Inzwischen wohnt er wieder in Bradford. Nachdem seine Mutter Alzheimer bekommen hatte und gestorben war, wurde er mit einem unernsten Roman über ein ernstes Thema, ›Letzter Bus nach Coffeeville‹, zum Schriftsteller. (Quelle: Diogenes)