Montag, 21. August 2017

Franziska Walther: Hoch hinaus

Quelle: Kirchner PR / kunstanstifter
Kinderbuchzeit auf meinem Blog! Diesmal geht es um das Bilderbuch "Hoch hinaus" von Franziska Walther, die mir mit ihren wundervollen Illustrationen aus "Werther Reloaded", das ich vor einiger Zeit gelesen und besprochen habe, sehr gut in Erinnerung geblieben ist. Ein Blick auf das jetzige Buch "Hoch hinaus" genügt - das ist unverkennbar der Zeichenstift von Franziska Walther.

Wie immer, wenn ich ein Kinderbuch bespreche, hole ich mir Unterstützung bei einem Spezialisten. Da sich mein Sohn mit seinen 12 Jahren nicht von diesem Buch angesprochen fühlte, habe ich mir ein Kind bei einer Freundin "ausgeliehen": Luca, 5 Jahre.

In dem Buch geht es um den abenteuerlustigen und von Fernweh geplagten Elch Erasmus und seinem Traum vom Fliegen.
Bis auf eine Seite Text besteht das Buch ausschließlich aus Illustrationen. Der Text ist als Vorwort zu verstehen und erklärt, wie es zu der Geschichte um den Elch Erasmus gekommen ist. 

Luca kennt diesen Text nicht, da ich ihn nicht beeinflussen wollte und er sich voll und ganz auf die Bilder konzentrieren kann.


aus "Hoch hinaus" von Franziska Walther (Quelle: kunstanstifter)


Renie: Was meinst du, was das für ein Tier ist?
Luca lacht, als er dieses Bild sieht: 
Luca: Ein Reh!
(Ok, dicht dran)
Renie: Das Reh heißt Erasmus. Magst du das Reh?
Luca: Ja, es ist lustig mit seiner dicken Nase.

Auf der nächsten Seite im Buch sieht man die Augen von Erasmus in der Nahansicht. In seinen Augen spiegeln sich 2 Vögel, die er am Himmel sieht.

aus "Hoch hinaus" von Franziska Walther (Quelle: kunstanstifter)
Renie: Was siehst du in Erasmus' Augen?
Luca: Rasmus hat Angst.
Renie: Sieh noch mal genauer hin.
Luca: Der hat ja Tüten voller Gold in seinen Augen.
(Darauf war ich nicht vorbereitet)
Renie: Sehen so Tüten voller Gold aus?
Luca: Stimmt, Gold sieht anders aus. Was ist es dann?
Renie: Es sind Vögel. Erasmus beobachtet sehnsüchtig die Vögel, die am Himmel fliegen. Wahrscheinlich wünscht er sich gerade, selbst fliegen zu können.
Luca: Die Vögel sehen aber komisch aus.
(Glücklicherweise sitzen wir gerade in einem Strandkorb am Meer. Nachdem Luca die vorbeifliegenden Möwen genauer betrachtet, ist er einverstanden: Das sind eindeutig Vögel in dem Buch!)

Renie: Erasmus folgt den Vögeln. Der Weg ist weit. Es geht bergauf und bergab, es wird dunkel, in der Ferne sieht er eine Stadt. An einem See spiegelt sich der dicke, gelbe Mond im Wasser.
Luca: Der Mond ist nicht dick, er ist nur groß.
Renie: Erasmus schwimmt durch den See.
Luca: Können Rehe in echt schwimmen?
Renie: Ich glaube schon.
Luca: Pferde können schwimmen.
Renie: Dann können Rehe das bestimmt auch.

Irgendwann kommt Erasmus in die Stadt.
Luca: Das war aber ein weiter Weg. Und der Rasmus hat den langen Weg durchgehalten.
Renie: Ohne müde zu werden und ohne zu schlafen.
Luca: Tiere schlafen nicht. Pferde schlafen auch nicht. Das habe ich mal in einem Film gesehen.

Luca betrachtet die Bilder der Stadt, mit seinen Bewohneren und Erasmus mittendrin.
Luca: Sieh mal, da haben ganz viele Leute Panik. Es gibt aber auch Leute, die nett zu Rasmus sind. Da schenkt ihm jemand einen Apfel. Jetzt geht der Rasmus in ein Kaufhaus. Er möchte sich etwas zum Anziehen kaufen.
Renie: Erasmus schlendert durchs Kaufhaus, treppauf und treppab. Am Ende landet er auf dem Dach, wo er in der Ferne wieder die Vögel sieht. Die Tür fällt zu und sperrt Erasmus auf dem Dach aus. Er weiß zunächst nicht, wie er aus der blöden Situation herauskommen soll. Mittlerweile wird es dunkel und Erasmus schläft ein.
Siehst du, Luca, Erasmus schläft. Von wegen "Tiere schlafen nicht";-)
Luca: Der schläft nicht. Er hat nur die Augen zu.
Renie: Erasmus träumt vom Fliegen: wie ein Vogel, mit einem Fesselballon, mit Luftballons.
Da kommt ihm eine Idee. (zeichnerisch dargestellt durch eine Glühbirne, die über ihm schwebt.)
Luca: Warum ist da eine Lampe über seinem Kopf?
Renie: Weil Erasmus ein Licht aufgeht. Das sagt man so und bedeutet, dass jemand eine Idee zu der Lösung eines Problems hat.
Luca: Cool!

Und dann kommt der Teil des Bilderbuches, bei dem sich Luca schlapp gelacht hat: 
Erasmus bläst sich auf. Er wird immer kugeliger. Sein Gesichtsausdruck wird immer angestrengter.
Luca: Rasmus sieht aus, als ob er auf dem Klo sitzt und Groß macht.
Renie: Irgendwann platzt das Fell von Erasmus an zwei Stellen auf und heraus treten vier "Luftblasen", die aus ihm ein Reh mit Flügeln machen. Und Erasmus nimmt Anlauf und fliegt mit den Vögeln davon.
- Ende -
Luca: Schade

Renie: Ist das nicht großartig, dass Erasmus seinen Traum vom Fliegen wahr gemacht hat? Die Vögel haben ihn ja brennend interessiert. Er ist den Vögeln bis in die Stadt gefolgt und hat sich gewünscht, wie die Vögel fliegen zu können. Das ist ihm dann gelungen.
Luca: Ich wünschte, ich wäre ein Meerjungmann. Dann könnte ich unter Wasser atmen.


Renie: Was hat dir an dem Buch am besten gefallen?
Luca: Na, dass der Rasmus fliegen kann.

Renie: Und was hat dir nicht so gut gefallen?
Luca: Dass die Tür auf dem Dach zugefallen ist, und dass die Polizei nicht gekommen ist. Die müssen doch kommen und den Rasmus retten.
Renie: Die wären bestimmt noch gekommen. Aber Erasmus hat sich ja am Ende selbst geholfen.

Renie: Wie haben dir die Bilder und Farben in dem Buch gefallen?
Luca: Gut. Es gibt viele Farben. Aber zwei Farben mochte ich nicht so sehr. Da ist viel mit Rosa und Lila gemalt. Das sind Mädchenfarben.
(Irgendwie habe ich mit dieser Antwort gerechnet ;-))

Mein Eindruck von den Illustrationen:
Auf mich wirkten die Zeichnungen sehr fröhlich. Insbesondere Erasmus ist ein lustiger Kerl, der einem beim Betrachten ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Seine Mimik ist sehr beeindruckend und aussagekräftig. Man muss ihn einfach gern haben. Auffällig ist, dass die Zeichnungen sehr reduziert wirken. Sie konzentrieren sich auf die wesentlichen Elemente, die notwendig sind, um den Handlungsablauf zu verstehen. Aber diese wenigen Dinge sind sehr farbenfroh dargestellt. Es stimmt schon, lila und rosa sind dominierende Farben in diesem Buch. Diese Farbgebung scheint typisch für Franziska Walther zu sein. Auch in "Werther reloaded" ist dieses Farbschema zu finden. Mich haben die Lila- und Rosatöne nicht gestört. Aber ich bin ja auch ein Mädchen.

Fazit:
Ein liebevoll gestaltetes Bilderbuch mit einem Helden, den man - egal ob Erwachsener oder Kind - ins Herz schließt. Kinder werden ermuntert, an ihren Träumen festzuhalten. Denn der liebenswerte Elch Erasmus beweist, dass Träume wahr werden können. Und wer weiß, vielleicht treffe ich Luca eines Tages als Meerjungmann wieder.

© Renie



Im Anschluss an unser Gespräch wollte Luca unbedingt einen Flughafen malen. Denn irgendwo muss Rasmus schließlich landen können!





Über die Autorin und Illustratorin:
Franziska Walther, geboren 1980, ist eine Diplom-Designerin, Illustratorin und Architektin mit Sitz in Hamburg und Weimar. Unter dem Namen SEHEN IST GOLD® illustriert und gestaltet Franziska Bücher, Magazine, Broschüren und Buchumschläge für Verlage und Agenturen. Eine Leidenschaft für Bücher, Bild und Schrift sowie deren Symbiose zeichnet ihre Arbeit aus.
Franziska erhielt für ihre Arbeiten im Bereich Illustration und Buchgestaltung zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen, unter anderem den Joseph-Binder-Award 2012 in Gold für das Buch »Peter Schlemihls wundersame Geschichte« und den German Design Award 2017 in der Kategorie Books and Calendars für »Werther reloaded«. (Quelle: kunstanstifter)