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Hans Rath war mir bisher eher als Drehbuchautor von lustigen Filmkomödien ein Begriff. Als ich seinen aktuellen Roman "Im nächsten Leben wird alles besser" im Briefkasten hatte, war ich zunächst nicht sicher, ob ich mit diesem Buch warm werden würde. Da ich immer mit großen Vorbehalten an Romane herangehe, die einen betont lustigen Titel tragen und den Anschein von Geistreichtum und Esprit vermitteln wollen, hatte "Im nächsten Leben wird alles besser" schlechte Voraussetzungen, um vor meinem kritischen Auge bestehen zu können. (Warum denke ich bei diesem Buchtitel nur immer an "Beim nächsten Mann wird alles anders"?)
Da ich jedoch auch gerne mal was riskiere - literarisch zumindest -, habe ich mich mutig in diesen Roman gestürzt.
Der Plot ist schon mal vielversprechend:
Arnold, ein Miesepeter aus dem Jahr 2020, der seinem Umfeld mit seinem ewigen Pessismismus auf die Nerven geht, gerät quasi im Schlaf in das Jahr 2045. Der nun 78-Jährige kann sich nur leider nicht daran erinnern, was in den letzten 25 Jahren in seinem Leben und der Welt passiert ist. Zumindest ist ihm die Welt im Jahre 2045 völlig fremd geworden: künstliche Intelligenzen in Menschengestalt, permanente Kontrolle der Menschen durch Datenübertragungen jeglicher Form inklusive Überwachung ihrer Vitalfunktionen.
"'... Die Reichen und Mächtigen lassen es sich eine Menge Geld kosten, uns Normalsterbliche loszuwerden. Als Arbeitskräfte werden wir nicht mehr gebraucht, weil die Bots alles erledigen. Und als Konsumenten sind nur Menschen interessant, die über entsprechende Mittel verfügen. Mehr als die Hälfte der Menschheit ist überflüssig. Wir fallen einfach durchs Raster. Wir sind zu arm, zu krank oder zu dumm, um der Welt noch länger von Nutzen zu sein, also findet unsere weitere Geschichte in einem Computernetzwerk statt.'"
Die Welt ist komplett digitalisiert. Die Einen empfinden dies als Fluch, die Anderen als Segen. Und wem die Realität nicht gut genug ist, hat die Möglichkeit, sich eine Realität nach seinen eigenen Wunschvorstellungen zu schaffen. Wünsche werden zur Wirklichkeit - egal, wie verrückt, ungesund oder unbezahlbar sie erscheinen.
So versucht also unser gealteter Skeptiker Arnold in seiner neuen Gegenwart zurechtzukommen und stellt vieles an, um sein Gedächtnis wiederzuerlangen.
Natürlich ist die zentrale Frage dieses Romans, wie unser Held in diese Situation gekommen ist, und was es mit seiner Amnesie auf sich hat.
Arnold durchläuft in diesem Roman eine Entwicklung. War er im Jahre 2020 ein Protagonist zum Abgewöhnen - wer gibt sich schon gerne mit Miesepetern ab? -, wird er im Jahre 2045 zu einem angenehmen Zeitgenossen, der in die Jahre gekommen ist, und der die Welt, in der er jetzt lebt, hinterfragt. Tatsächlich entwickelt er sich zu einem Rebellen, der sich am Ende weigert, sich dem System anzupassen.
"'Weißt du, so eine Amnesie ist wie eine Wundertüte. Man weiß nie, ob man gute oder schlechte Erinnerungen bekommt, wenn man jemanden trifft, der ein gemeinsames Kapitel aufschlägt. Es ist wie das ungute Gefühl nach einer Party, bei der man zuviel getrunken hat, weshalb man sich am nächsten Morgen nicht mehr an jedes Detail erinnern kann. Man freut sich, wenn man hört, dass es ein netter Abend war. Aber leider ist es auch nicht zu ändern, falls man sich danebenbenommen hat.'"
Eine in die Zukunft gerichtete Zeitspanne von 25 Jahren ist nicht besonders lang. War das jetzt Science Fiction, die ich gelesen habe? Ich befürchte nicht. Denn viele digitalen Errungenschaften, die sich der Autor für das Jahr 2045 ausgedacht hat, haben ihre Anfänge bereits in der heutigen Zeit. Ich habe doch sehr viele Ähnlichkeiten zu unserem jetzigen Alltag gesehen. Hans Rath mag es an manchen Stelle mit seiner Vision, was unsere Zukunft betrifft, auf die Spitze getrieben haben. Doch weit kann diese Spitze nicht entfernt sein. Mir scheint, wir stehen kurz davor.
Plot und Gestaltung des Charakters haben mir also gut gefallen. Natürlich ist der Autor seiner humorvollen Schiene treugeblieben. Es ist schon sehr amüsant, wie der Protagonist durch sein neues Leben stolpert. Dieses Buch ist für mich daher ein humorvoller Unterhaltungsroman, der ein Zukunftsszenario kreiiert, das man nicht erleben möchte.
Leider ist der Handlungsablauf in weiten Teilen vorhersehbar. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, die begründen könnten, warum unser Protagonist auf Zukunftsreise gegangen ist. Die Auflösung dieses Rätsels lag mir zu sehr auf der Hand. Das ist schade. Denn ich möchte von einem Autor überrascht werden. Wenn ich im Vorfeld ahne, wie eine Handlung ablaufen wird, läuft eine Geschichte Gefahr, dass ich das Interesse an ihr verliere.
Mein Fazit:
Plot und Charaktere sind gut gemacht. Die Ideen des Autors, wie unsere Welt in 25 Jahren aussehen könnte sind durchaus vorstellbar. Leider hat mir die Vorhersehbarkeit, was die Auflösung des Geheimnisses über die Geschichte des Protagonisten betrifft, meiner Freude an diesem Roman einen Dämpfer verpasst.
© Renie