Montag, 27. Juni 2022

Michael Basse: Yank Zone

In "Yank Zone", dem Roman des Münchner Autoren Michael Basse liegt Amerika inmitten von Baden-Württemberg, im beschaulichen Maulbronn.
Hier treffen wir erstmalig im Jahr 1972 auf Lt. Colonel Hartman und seinen Sohn Jack sowie Mani – Quasi-Adoptivsohn von Hartman Senior und bester Freund des Juniors.

Mani besucht ein Kloster-Internat und verbringt seine freie Zeit in dem Hard Man’s Guest House, wie das Hartmansche Heim scherzhaft genannt wird. Doch der Name ist Programm. Lt. Colonel Ross Raymond Hartman ist ein dekorierter Kriegsveteran, der im Vietnamkrieg zu Ruhm und Ehre gekommen ist. Er ist die Verkörperung eines amerikanischen Kriegshelden. Ein ganzer Kerl! Ein echter Hardman!
Buchseite und Rezensionen zu 'Yank Zone: Roman (Edition Klöpfer)' von Michael Basse
Quelle: Alfred Kröner Verlag

Colonel Hartman gehört zu denen, die mit Ende des zweiten Weltkrieges Deutschland vom Faschismus befreit haben. Seitdem lebt er hier, in Maulbronn. Gleich zu Beginn seiner Dienstzeit heiratete er eine Deutsche, eines von den damaligen Frolleins. Jack war der einzige Sohn dieser deutsch-amerikanischen Verbindung. Mrs. Hartman verstarb bereits in jungen Jahren, zu diesem Zeitpunkt war Jack war gerade mal sieben Jahre alt.
Das Verhältnis von Vater und Sohn war selten einfach. Denn als Sohn eines Helden, für den Schwäche ein Fremdwort ist, konnte Jack, der von Kindheit an gestottert hat, kaum bestehen.
Der selbstbewusste und energische Mani ist da ein anderes Kaliber. Es bleibt nicht aus, dass die Freunde Jack und Mani um die Gunst von Vater Hartman buhlen, was ihre Freundschaft natürlich in ein merkwürdiges Licht rückt.

Über die Jahre werden sich die Verbindungen im Hard Man’s Guest House auseinanderdividieren. Die Jungs werden erwachsen und werden ihre eigenen Wege gehen. Mit zunehmendem Alter werden die Jungs erkennen, dass ein Held auch nur ein Mensch ist.
Der Colonel wird wieder heiraten: Maggie, eine Freundin aus Frollein-Zeiten der verstorbenen Mrs. Hartman; und Jack wird sich in die Bulgarin Lydia verlieben.

Der deutsche Autor Michael Basse erzählt die Geschichte dieser Menschen über einen Zeitraum von 30 Jahren. Jack, Mani, Maggie und später auch Lydia sind die Ich-Erzähler dieses Romans und lassen somit unterschiedliche Perspektiven auf die Geschichte zu. Den Rahmen bildet dabei die Nachkriegsgeschichte Deutschlands bis zur Jahrtausendwende sowie die Geschichte Bulgariens in der postsowjetischen Zeit.
Diese Verbindung zu Bulgarien mag zunächst verblüffen, doch wirft sie einen interessanten Blick auf die Nachwirkungen des Krieges, der in den Köpfen von Menschen wie Colonel Hartman Fortbestand hat. Es ist für ihn nicht leicht zu verdauen, dass sich Sohn Jack mit dem Feind verbündet, als er mit Lydia, einer Frau aus dem kommunistischen Ostblock, eine Beziehung eingeht.

Der Roman spiegelt den Zeitgeist der unterschiedlichen Dekaden wieder und macht einfach nur Spaß. Jede der vier Erzählperspektiven hat einen eigenen Erzählsound, der für Abwechslung sorgt und die Frage nach der jeweiligen Figur, die gerade den Erzählpart übernommen hat, schnell beantwortet. Man sollte jedoch der englischen Sprache mächtig sein, denn viele Textpassagen sind in Englisch gehalten. Es wäre schade und würde diesem Roman viel nehmen, wenn man verständnislos einfach darüber hinweglesen würde.
"In jedem stecke ein Amerikaner, der rauswolle. Raus solle. Koste es, was es wolle. Auch wenn er es manchmal selbst noch nicht wisse und man ein bisschen nachhelfen müsse. Das Wesen des Amerikaners sei sein unbändiger Freiheitswille. Gleichheit, Brüderlichkeit, Gerechtigkeit seien zwar auch Werte, aber nachrangig. Zuviel davon verheiße Schwäche, Unfreiheit, Ohnmacht. Freiheit sei Stärke…. Ein Amerikaner kapituliert nicht. Niemals. Nur so funktioniert Abschreckung. Anders ist sie nunmal nicht glaubhaft. Deshalb gibt es am Ende auch nur zwei Arten von Menschen: Amerikaner und solche, die es werden wollen – und die Feinde Amerikas."
Anhand der Geschichte der Protagonisten wird die deutsch-amerikanische Beziehung aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet und nimmt daher einen großen Raum in diesem Buch ein. Doch Autor Michael Basse richtet das Augenmerk auch auf andere „Kriegsschauplätze“, wie z. B. das besondere Vater-Sohn-Verhältnis von Hartman Senior und Junior, die Rolle Amerikas im Vietnamkrieg oder die Geschichte der deutschen Frolleins.

Fazit:
Michael Basse erzählt einen Teil der Geschichte Nachkriegsdeutschland auf sehr ausgefallene und einzigartige Weise. Ein ungewöhnlicher Roman, der mich immer wieder durch neue Denkanstöße und unterschiedliche Blickwinkel auf das, was Deutschland und Amerika verbindet, überraschen konnte.
Leseempfehlung!

© Renie

Sonntag, 19. Juni 2022

Louise de Vilmorin: Belles Amours

Die adelige Louise de Vilmorin war eine französische Schriftstellerin, deren Leben heutzutage genügend Stoff für einschlägige Klatschblätter, die sich mit den Promis dieser Welt befassen, liefern würde. Louise war mal mit Antoine de St.Exupéry verlobt, geheiratet hat sie jedoch einen US-amerikanischen Millionär (Ehe 1) und später einen österreichisch-ungarischen Playboy (Ehe 2). Man munkelt, dass sie daraufhin diverse Affären mit den unterschiedlichsten Männern des öffentlichen Lebens hatte, u.a. Charles de Gaulle. Auf ihrem Familienschloss ging die Elite der französischen Künstler ein und aus. Und dass Louise ihren Roman „Belles Amours“ niemand geringerem als Orson Welles gewidmet hat, kommt sicherlich auch nicht von ungefähr. 

Wie in fast all ihren Romanen erzählt Louise de Vilmorin in „Belles Amours“ eine Geschichte aus der Welt der französischen Reichen und Schönen der 50er Jahre. 

 

Diesmal geht es um eine junge Frau, die zum Objekt der Begierde für gleich zwei Männer wird. Begehrt wird sie zunächst von Louis Duville, um die 30 Jahre alt, Spross einer reichen Familie und Schürzenjäger. Die Jagd nach Schürzen findet zunächst ein jähes Ende, als sich Louis Hals über Kopf in eben jene Madame verliebt. In Rekordzeit wird sich verlobt, der Termin der Hochzeit steht bereits fest, doch in der Nacht vor dem glücklichen Ereignis, macht sich die Braut davon. Ein alter Freund der Familie Duville und Hochzeitsgast ist Louis in die Quere gekommen. Mit der Liebe scheint es also bei Madame nicht weit hergeholt zu sein, denn diese erliegt in kurzen Momenten des Kennenlernens dem Charme des über 20 Jahre älteren Argentinier M. Zaguirre. Die Dame wird zu Mme. Zaguirre und lebt von da an in der Abgeschiedenheit des argentischen Anwesens ihres Mannes. Innerhalb kurzer Zeit kommt  Langeweile auf. Und wie es sich für reiche Jetsetter gehört, wird schon bald wieder nach Europa gereist.

Schon beginnen die Irrungen und Wirrungen einer vermeintlich glücklichen Ehe und einer Frau, die nicht weiß, was sie will. Doch dafür wissen die Kreise der gehobenen Gesellschaft, in der man sich bewegt, umso besser, was eine Frau des Standes einer Mme. Zaguirre will. Während ihres Aufenthaltes in Europa wird Mme. Zaguirre auch wieder dem einst verschmähten Louis begegnen. Nur so viel: er kommt nicht von ihr los – vielleicht ist es auch Rache an dem „guten Freund“ der Familie. Und sie weiß immer noch nicht, was gut für sie ist.

 

Es geht in diesem Roman um Liebe bzw. das, wofür sie gehalten wird. Die Frau, die im Mittelpunkt der Handlung steht, ist ein Objekt der Begierde, das es zu besitzen gilt. Das Objekt lässt sich auf dieses Spiel ein. Denn stellvertretend für die Frauen ihrer Zeit und ihrer gesellschaftlichen Kreise steht für sie der Versorgungsgedanke im Vordergrund und die damit verbundene Angst, plötzlich ohne die nötigen Mittel dazustehen, um ihren luxuriösen Lifestyle aufrecht zu erhalten. Von dem Ruf einer Dame mal abgesehen.

Man kann Louise de Vilmorin eine scharfe Beobachtungsgabe attestieren. Schließlich war sie in eben diesen gesellschaftlichen Kreisen zuhause und wusste daher, wie das menschliche Miteinander in der High Society ihrer Zeit funktionierte.

Dabei erzählt sie diese Geschichte mit großer Leichtigkeit, viel Esprit und Amüsement. Sie schien zumindest über den Dingen zu stehen und behielt die Oberhand im Spiel zwischen Mann und Frau – glaubt man ihrer Biografie. 

 

Ich habe diesen Roman mit großem Vergnügen gelesen. Die Seiten flogen nur so dahin und ich fühlte mich in einen Hollywood-Film der 50er Jahre hineinversetzt, Cary Grant und Grace Kelly lassen grüßen.  

Leseempfehlung!


© Renie


Louise de Vilmorin: Belles Amours (Dörlemann Verlag)