"Ein „Abwesender“ ist ein palästinensischer Staatsbürger, der seinen Wohnort vor dem 1. September 1948 verlassen hat, um an einem Ort zu leben … der zum Einflussbereich von Mächten gehört, die die Gründung des Staates Israel verhindern wollen … Alle Eigentumsrechte eines Abwesenden an Grundbesitz gehen automatisch in den Besitz des Custodian Council for Absentee Property über.
Aus dem israelischen Gesetz über das Eigentum Abwesender von 1950"
Salim’s Heimat
ist Jaffa. Hier besitzt seine Familie ein wunderschönes Haus mit einer
Orangenplantage. Als 1948 der Staat Israel proklamiert wird, muss er mit seiner
Familie aus seiner Heimat fliehen. Zu diesem Zeitpunkt ist er 7 Jahre alt. Jaffa
wird von den Israelis eingenommen, die Bewohner werden vertrieben oder flüchten
aus Angst vor Verfolgung. Zunächst verschlägt es die Familie zu Verwandten nach
Nazareth, wo Salim den größten Teil seiner Kindheit verbringt.
Als Salim
18 wird, versucht sein Vater, den Besitz in Jaffa zurückzuerlangen. Er
beantragt vor einem israelischen Gericht in TelAviv, die Enteignung aufzuheben.
Doch betrogen vom israelischen Staat sowie seinen eigenen Leuten in Jaffa,
unterliegt er vor Gericht. Sein Antrag wird abgeschmettert, die Familie steht vor
dem Nichts. Salim wird nach London geschickt, um dort zu studieren. In TelAviv
hat er keine Zukunft.
"Welche Rolle spielte es, ob eins plus eins zwei ergab? Für die Israelis galten nur ihre eigenen Gesetze. Sie konnten einfach behaupten, eins plus eins sei zehn. Oder: Was dir gehört hat, gehört jetzt mir."
In
London trifft er auf „Jude“: Judith ist in einer traditionellen jüdischen
Familie aufgewachsen. Ihr Alltag wird durch die jüdischen Traditionen bestimmt.
Auf einer Party lernen sich Salim und Jude kennen, treffen sich ein paar Mal
und verlieben sich ineinander. Natürlich stoßen sie auf Widerstand bei ihren
Familien. Beide Familien sind strikt gegen diese Beziehung. Doch Salim und Jude
setzen sich über die Vorbehalte und den Druck, der auf sie ausgeübt wird, hinweg.
Sie versuchen, sie selbst zu sein und einen Platz in der Welt zu finden, an dem
sie leben können, wie sie es möchten.
Salim
und Jude gegen den Rest der Welt! Sie heiraten und bekommen 2 Kinder, Zwillinge
– ein Mädchen und ein Junge.
Nach dem
Studium nimmt Salim eine Stelle bei einer amerikanischen Firma an und zieht mit
seiner Familie dafür nach Kuwait. Hier verändert er sich. Der erhoffte
berufliche Erfolg bleibt aus. Er wird von seiner Firma nicht akzeptiert. Um im
Unternehmen Karriere zu machen, muss man mindestens Amerikaner sein. Sie sehen
in ihm jedoch „nur“ einen Araber, der einem Amerikaner nicht das Wasser reichen
kann.
Bei den
Amerikanern kommt er nicht an, also versucht er es bei den Palästinensern. Er
möchte irgendwo dazugehören und besinnt sich auf seine Herkunft. Doch von den
Palästinensern wird er nur ausgenutzt, sie versuchen Salim, für ihre Zwecke
einzuspannen. Aber wirklich akzeptieren wollen sie ihn nicht. Schließlich ist
er mehr Engländer als Araber, noch dazu mit einer Jüdin verheiratet. Salim, der
mit seinen Misserfolgen nicht zurechtkommt, zerfließt vor Selbstmitleid. Sein
Frust geht soweit, dass sich sein Zorn gegen Jude und die Kinder richtet. Seine
Ehe zerbricht. Jude geht mit den Kindern zurück nach England.
„“Ich weiß, was ich versprochen habe.“ Seine Stimme klang todtraurig. „Aber es ist zu schwierig geworden. Du kannst ja weiter tun, als gebe es keinen Krieg, wenn dir das so lieber ist. Doch er tobt überall um uns herum. Und sieh, was aus mir geworden ist, während ich die Augen davor verschlossen und meinen großen Träumen nachgejagt bin. Ich bin weder ein Engländer noch ein richtiger Araber. Du hast dich auch verändert.“ Er sah ihr in die Augen. „Früher hast du mich ohne Worte verstanden. Und schau uns jetzt an.““
Was für
ein toller Roman! Leider hat die Geschichte ein schreckliches, wenn auch
versöhnliches Ende. Trotzdem man schon in den ersten Seiten des Buches des
Buches auf das Ende vorbereitet wird, habe ich zum Schluss doch noch fast ein
paar Tränchen verdrückt.
Einen
Kritikpunkt habe ich:
Claire
Hajaj schreibt teilweise in einem sehr blumigen Stil, was ja an sich nicht
schlecht ist, denn bildhafte Sprache kann toll sein und die Fantasie anregen.
Doch manchmal gehen in dem Buch „die Pferde mit ihr durch“. So trifft man auf
Sätze, die des Guten zu viel sind. Hier ist ein Beispiel:
„Der
Markt selbst breitete sich unter der Mittagssonne aus wie eine nackte Frau, die
ihre Eingeweide der Hitze aussetzt.“
Am Ende driftet die Geschichte durch diesen Sprachstil ein wenig ins Kitschige
ab. (Vielleicht habe ich deshalb die Tränchen verdrückt?!)
Insgesamt
hat mir das Buch gefallen. Insbesondere die Entwicklung, die Salim durchmacht,
war sehr beeindruckend dargestellt. Anfangs hatte er meine Sympathie. Im
Verlauf der Geschichte entwickelte er sich zum Verlierertypen, der innerlich
zerrissen wird und allen anderen, nur nicht selbst die Schuld an seinem Unglück
gibt.
Interessant
waren auch die politischen Informationen, die man über den Konflikt zwischen
Israel und den Palästinensern. Diese Informationen sind von Claire Hajaj
geschickt in die Handlung eingeflochten worden.
Eines noch...
Zum Buch gab es ein putziges Lesezeichen: eine kleine grüne Sprosse - ich schätze, einem Orangenblatt nachempfunden. Auch, wenn sich die Sprosse als Lesezeichen nicht besonders gut eignet, da sie zu dick ist, ist es trotzdem eine schöne Idee.