Quelle: Kirchner PR / kunstanstifter |
Kinderbuchzeit auf meinem Blog! Diesmal geht es um das Bilderbuch "Als die Namen verloren gingen" von Andrea Katzenberger (Texte) und Jana Walczyk (Illustrationen), geeignet für Kinder ab 6 Jahren.
Wie immer, wenn ich ein Kinderbuch bespreche, hole ich mir Unterstützung von einem Experten. In diesem Fall ist es mein Junior, der mit seinen 12 Jahren immer noch nicht zu alt für ein Bilderbuch ist. (Ich im Übrigen auch nicht)
Renie: Bevor wir in das Buch hineinschauen: Was sagt dir der Titel des Buches?
Junior: Ich finde den Titel merkwürdig. Man kann doch keine Namen verlieren, Dinge kann man verlieren, aber keine Namen. Namen kann man höchstens vergessen. (Junior betrachtet das Cover des Buches.) Da taucht ein Junge in einem U-Boot im Meer. Sucht er jetzt Namen, die jemand im Meer verloren hat?
Renie: Wir werden sehen. Lass uns das Buch lesen.
Inhalt:
In dem 40 Seiten starken Bilderbuch geht es um die Geschichte einer Familie: Mutter, Vater und Jakob, der kleine Sohn. Oma spielt auch noch eine Rolle. In den ersten Jahren nach Jakobs Geburt ist die Familie noch sehr glücklich. Die Eltern lieben sich wie zwei Turteltäubchen. Der kleine niedliche Pups Jakob ist der Sonnenschein der Familie. Das Glück scheint perfekt. Doch mit der Zeit ändert sich der Tonfall in der Familie. Die Eltern streiten sich immer öfter. Kosenamen werden zu Schimpfwörtern. Jakob belastet die Situation. Er flüchtet sich in seine Fantasiewelt, geht mit einem Schaffel auf Abenteuerfahrt, wo er eines Tages Fanny trifft, die ebenfalls auf der Flucht ist. Die beiden werden Freunde und kehren nach Hause zurück. Mit dem Gedanken, nicht mehr allein in einer Welt streitender Erwachsener zu sein, lebt es sich einfach besser. Und am Ende wird alles gut.
Renie: Wie gefällt dir die Geschichte?
Junior: Ganz cool. Ich mag, dass Jakob mit seinem Raumschiff abdampft. Ein Schaffel ist doch ein Raumschiff, oder?
Renie: Ich denke schon. Oder ein U-Boot?
Junior: Oder ein Raumschiff, das tauchen kann. Egal. Die Abenteuer, die er erlebt, sind schon sehr wild. Eigentlich wischt er seinen Eltern eins aus, weil sie sich nicht mehr um ihn kümmern, sondern nur noch streiten.
Renie: Ist das nicht traurig, dass sich die Eltern nur noch streiten?
Junior: Jakob hat bestimmt Angst, dass seine Eltern sich scheiden lassen und ihn nicht mehr lieb haben.
Renie: Aber, dass die Eltern sich streiten hat doch nichts mit Jakob zu tun.
Junior: Mensch Mama, er ist doch noch klein. Woher soll er das denn wissen?
Renie: Aber am Ende wird doch alles gut.
Junior: Ja, das Ende ist richtig schön. Jakob findet eine Freundin, die auch noch nebenan wohnt. Und die Eltern haben sich auch wieder lieb. Wieso hat Jakob eigentlich Fanny vorher noch nie bemerkt? Wenn sie doch nebenan wohnt. Fanny ist doch richtig cool. Überleg mal, sie spielt mit Raumschiffen. Die wenigsten Mädchen spielen mit Raumschiffen.
Renie: Das ist mir auch aufgefallen. Verstehst du übrigens jetzt, warum das Buch "Als die Namen verloren gingen" heißt?
Junior: Na klar, am Anfang haben sich noch alle lieb und geben sich schöne Namen. Pillepatz ist lustig. Das habe ich ja noch nie gehört. Oder hast du mich früher etwa auch Pillepatz genannt?
Renie: Nein, ich habe dir andere Namen gegeben. Die behalten wir aber für uns. Jetzt lenk nicht ab. Wir waren bei der Bedeutung des Buchtitels.
Junior: Ach ja, als die Eltern dann anfangen, sich nicht mehr zu mögen, gehen die schönen Namen verloren. Stattdessen beschimpfen die Eltern sich.
Renie: Ok. Was sagst du zu den Zeichnungen?
Junior: Ich wünschte, ich könnte auch so malen. Auf den ersten Seiten sieht die Familie noch richtig glücklich und lustig aus. Die haben richtig Spaß. Aber dann tauchen auf einmal Tiere in den Bildern auf. Das sind die Tiere, mit denen die Eltern sich beschimpfen, also Zimtzicke, Esel und so. Und mitten drin sitzt ein kleines Äffchen, um das sich keiner kümmert. Das ist bestimmt der Jakob.
Renie: Ich mag besonders die Zeichnungen über die Reise durch die Fantasiewelten von Jakob. Da ist wirklich alles dabei: Drachen, Außerirdische, kartenspielende Fische, und sogar eine Prinzessin auf einem Einhorn.
Junior: Die Prinzessin und das Einhorn hätte man weg lassen können. Das ist was für Mädchen.
Renie: Wer sagt, dass das Buch nur für Jungen ist?
Junior: Weiß ich nicht. Hast du gesehen, dass Jakob ein Star Wars-Fan ist? Es gibt sogar einen AT-AT Walker in dem Buch.
Renie: Der gleicht die Prinzessin auf dem Einhorn ja wohl aus.
Junior: Und es gibt viele Buchstaben, die durch die Bilder fliegen. Das sind wohl die Namen, die verloren gegangen sind.
Renie: Das ist mir mal wieder nicht aufgefallen. Aber dafür habe ich ja dich. Danke für deine Expertenmeinung.
Fazit:
Streit kann weh tun, nicht nur denjenigen, die streiten, sondern auch denjenigen, die den Streit mit erleben. Insbesondere, wenn es sich dabei um ein Kind handelt. Eltern sollten sich daher immer wieder in Erinnerung rufen, was "dicke Luft" - insbesondere dauerhafte "dicke Luft" - bei einem Kind bewirkt. Aber genauso sollte man einem Kind deutlich machen, dass Streit kein Weltuntergang ist, sondern zum Leben dazugehört. Das Buch "Als die Namen verloren gingen" greift dieses Thema auf eindrucksvolle Weise auf. Die Texte sind sehr unterhaltsam und der Alterszielgruppe entsprechend. Das Sahnehäubchen sind die fantasievollen Zeichnungen von Jana Walczyk, die ausgelassen und lustig wirken, und somit die manchmal traurigen Textpassagen entkräften. Ein wichtiges Buch - nicht nur für Kinder.
© Renie und Junior
Über Andrea Katzenberger:
Andrea Katzenberger studierte Germanistik in Berlin, wechselte zum Schauspielstudium nach Wien, arbeitete an Theatern in Wien, Berlin und Hamburg und studierte Drehbuch und Regie an der Universität Hamburg. Seit 1999 schreibt und dreht sie als Regisseurin die Serie »Die Pfefferkörner« sowie Spielfilme wie den »Mistkerl« (Eröffnungsfilm Berlinale 2001) und »Ich back’ mir einen Mann«. Sie lebt mit ihrer Tochter in Hamburg. (Quelle: kunstanstifter)
Über Jana Walczyk (Illustration):
Jana Walczyk wurde 1989 in Bramsche bei Osnabrück geboren. Von dort verschlug es sie 2010 an die Fachhochschule Münster. Nach einem Studienaufenthalt in Italien schloss sie 2014 ihr Designstudium mit dem Schwerpunkt Illustration ab und wechselte an die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, wo sie sich im Masterstudiengang Illustration hauptsächlich auf die Kinderbuchillustration konzentrierte. Seit 2014 arbeitet Jana freiberuflich als Illustratorin und Grafikerin für verschiedene Projekte im Bereich der Buch- und Editorialillustration. (Quelle: kunstanstifter)