Sonntag, 31. März 2019

Daniela Krien: Die Liebe im Ernstfall

Quelle: Pixabay/geralt
Die perfekte Frau (aus der Sicht des Mannes): gutaussehend, sexy, eine Granate im Bett. Sie kann kochen und bügeln, sich um Haus und Garten kümmern. Sie ist für die Erziehung der Kinder zuständig, natürlich muss sie ihnen eine gute Mutter sein (was immer das heißen mag). Ein Dummchen geht gar nicht, schließlich will mann sich gepflegt mit ihr unterhalten können. Intelligent muss sie also sein, aber nicht intelligenter als der Mann. Sie sollte beruflich erfolgreich sein und ihr eigenes Geld verdienen, je mehr desto besser. Aber für den Fall, dass sie mehr verdient und beruflich erfolgreicher ist als der Mann, wäre es schön, wenn sie dies nicht an die große Glocke hängt und ihn dies spüren lässt.
Und dann sollte sie - aus ihrer eigenen Sicht - ihre Wünsche und Leidenschaften ausleben und sich selbst verwirklichen können sowie achtsam mit sich selbst sein.
Ernsthaft, die perfekte Frau gibt es nicht. Unmöglich! Aber wir Frauen neigen dazu, viele Jahre unseres Lebens damit zu verbringen, ein hohes Maß an Perfektion erreichen zu wollen.

In Daniela Kriens Roman "Die Liebe im Ernstfall" "versuchen fünf Frauen das Unmögliche. Und es braucht einige Zeit der inneren Kämpfe, seelischen Wunden und Enttäuschungen, bis sie akzeptieren, dass frau nicht alle Wege gehen kann und sich irgendwann für eine Richtung entscheiden muss.
Quelle: Diogenes
"Kein Mensch war, wie man ihn haben wollte.
Paula hoffte, dass die Zeit die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit schließen würde." 
Die fünf Frauen, um die es in diesem realistischen und ungeschönten Frauenroman geht, heißen Paula, Judith, Brida, Malika und Jorinde. Der Gedanke liegt nahe, dass diese Frauen miteinander befreundet sind. In Frauenromanen ist das so. Doch schlägt man das Buch auf, stellt man schnell fest, dass dem nicht so ist. Daniela Krien hat jeder dieser Frauen einen eigenen Abschnitt gewidmet, Und innerhalb dieser Abschnitte lernen wir Frauen kennen, die unterschiedlicher nicht sein können. Einige sind miteinander befreundet, andere kennen sich nur flüchtig. Die eine hat der anderen den Mann ausgespannt. Zwei von ihnen sind Schwestern. Doch egal wie unterschiedlich sie sind. Sie haben eines gemeinsam. Sie fühlen sich hin- und her gerissen bei dem Versuch, die Anforderungen ihrer Partner und Familien mit ihren eigenen Wünschen, was ihr Leben betrifft, in Einklang zu bringen - sofern sie überhaupt wissen, welches ihre eigenen Wünsche sind.
Jeder Abschnitt in diesem Buch ist eine Geschichte für sich, die losgelöst von den anderen Frauengeschichten in diesem Buch erzählt werden könnte. Doch Daniela Krien hat sie zu einem großartigen Ganzen verwoben. Die Lebenswege der Frauen kreuzen sich an manchen Stellen. Das kann ein flüchtiger Moment im Vorbeigehen sein, aber auch eine langjährige Freundschaft. Also gibt es immer einen Anknüpfungspunkt zwischen den Frauen, und wenn er auch noch so klein ist.
"Sie wird ihn erinnern an das Opfer zu Beginn ihrer Beziehung und an ihr Opfer heute. Die Zweite, die von ihm Verschwiegene zu sein, hat sie seinetwegen ertragen und erträgt es erneut. Doch ihr rechtmäßiger Platz ist an seiner Seite.
Sie wird ihn erinnern an die guten Zeiten und sich entschuldigen für die schlechten.
Versprechen wird sie nichts. Zu oft schon hat sie Versprechen gebrochen. Doch das Nicht-Versprechen wird ihm zeigen, wie ernst es ihr ist. Das Nichtgesagte wird alles sagen."

Der Sprachstil von Daniela Krien ist ein Genuss. Sie beweist sehr viel Einfühlungsvermögen bei der Schilderung der Gefühlsleben ihrer Protagonistinnen.
Durch kurze und knackige Sätze liest sich das Buch dabei wie nichts. Erstaunlich ist, dass die Autorin in diese kurzen Sätze soviel Inhalt packen kann. Sie ist dabei selten konkret. Stattdessen verwendet sie Umschreibungen, die mich verzaubert haben. Daher habe ich mir gern Zeit mit diesem Buch gelassen und einfach nur jeden Satz genossen, auch gerne mehrfach.
Durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven gewinnt man einen tiefen Einblick in das Innere der Frauen. Und schnell stellt man fest, dass die Protagonistinnen Träume und Wünsche haben, die einem selbst nicht fremd sind. Dadurch ist man diesen Frauen sehr nahe und spürt bei einigen sogar eine Seelenverwandschaft.

Ein ehrliches und sehr persönliches Buch über die Frau mit all ihren Facetten, geschrieben in einer Sprache, die unter die Haut geht.

Leseempfehlung! (Was denn sonst?)

© Renie