Donnerstag, 5. Mai 2022

Djaïli Amadou Amal: Die ungeduldigen Frauen

Munyal – Geduld!
Mit diesem Ausspruch beginnt der Roman „Die ungeduldigen Frauen“ von Djaïli Amadou Amal. Diese Worte werden dem Leser in diesem Buch noch häufiger begegnen. Und mit Fortschreiten der Handlung wird man immer wütender darauf reagieren.

Denn das, was die muslimische Autorin aus Kamerun zu erzählen hat, kann nur fassungslos und wütend machen: es geht um Zwangsheirat, Polygamie und Gewalt gegen Mädchen und Frauen.

Erzählt wird die Geschichte von drei Frauen in der Sahelzone Kameruns.

Teil 1: Ramla
Das 17-jährige Mädchen steht kurz vor ihrem Schulabschluss und träumt davon, Apothekerin zu werden. Sie verliebt sich in einen Freund ihres Bruders, beide möchten heiraten. Doch Ramlas Vater entscheidet anders. Sie wird einen deutlich älteren Mann heiraten und als eine von mehreren Ehefrauen dieses Mannes ihre Träume von einer Liebesheirat und einem Beruf als Apothekerin begraben.

Teil 2: Hindou
Sie ist die gleichaltrige Schwester von Ramla, wenn auch nicht die Tochter derselben Mutter. Denn auch der Vater der beiden Schwestern lebt in einer Polygamie. Am Tag von Ramlas Hochzeit wird auch Hindou heiraten. Sie wird einem ihrer Cousins zur Frau gegeben, dessen Brutalität, Alkoholismus und Drogenkonsum von der Familie geduldet wird. Hindou wird zum Spielball seiner gewalttätigen Fantasien.

Quelle: Orlanda
Teil 3: Safira
Sie ist die Erstfrau von Ramlas Ehemann und fühlt sich durch die neue und deutlich jüngere Ramla in ihrer führenden Rolle innerhalb des Haushaltes bedroht. Sie tut alles, um ihren Platz zu behaupten.

Diese Frauen leiden. Und die einzige Unterstützung und Hilfestellung, die sie in ihrem Leben als zwangsverheiratete Frau erhalten, ist ein Ratschlag: Munyal – Geduld!
Geduld ist ein Begriff, mit dem man Positives assoziiert: Beherrschung, Ausdauer, Rücksichtnahme, Gelassenheit, Durchhaltevermögen, Duldsamkeit. Doch Frauen, wie die drei Protagonistinnen dieses Romans, werden dem Rat „Geduld!“ wenig abgewinnen können, bedeutet er doch für sie ein Leben in Angst und ohne Hoffnung.
Was daher bleibt, ist die Ungeduld! So versucht jede Frau sich auf eine eigene und subtile Art gegen das, was ihr widerfährt zur Wehr zu setzen. 

„Die ungeduldigen Frauen“ ist eine Anklageschrift gegen die Unterdrückung von Frauen.
Dajïli Amadou Amal ist selbst eine der ungeduldigen Frauen, denn auch sie wurde mit 17 Jahren zwangsverheiratet. Ihre Ungeduld hat dazu beigetragen, dass sie heute als Frauenrechtsaktivistin für die Rechte der Frauen ihres Landes eintritt. Es bleibt zu hoffen, dass ihre Ungeduld bei den Frauen Kameruns Schule machen wird!

Der Roman ist im Jahre 2020 mit dem Prix Goncourt des Lycéens ausgezeichnet worden, einem Ableger des französischen Literaturpreises. Zuletzt wurde Dajïli Amadou Amal von der französischen Fachzeitschrift der Buchbranche Livres Hebdo als erste Frau des afrikanischen Kontinents zur „Autorin des Jahres 2021“ gekürt. Zu Recht! Denn sowohl Roman als auch Autorin haben ganz viel Aufmerksamkeit verdient.

Leseempfehlung!

© Renie