Mittwoch, 29. August 2012

Walter Kempowski: Sirius - Eine Art Tagebuch

Ich liebe seine Tagebücher. Der Mann nimmt kein Blatt vor den Mund, schreibt seine Meinung zum Tagesgeschehen, zu seinen Besuchern, spart nicht mit Kritik an Kollegen und übt auch Selbstkritik ("Kempowski ist schwierig.") Er notiert seine Träume (viel von der Haft in Bautzen), was er gerade liest, im TV gesehen hat und welche Musik er hört.

Nartum, Sa 29. Jan 1983

Im Bildarchiv lagern jetzt ca. 200.000 Fotos. Sie machen etwas mehr Arbeit als die Biographien, sie müssen regelrecht gepflegt werden.
"Was wollen Sie mit all diesen Bildern?"
Mit einer solchen Frage kann ich nichts anfangen. Die bloße Bewahrung vor der Vernichtung gibt der Sammlung schon einen Sinn. Genausowenig kann ich sagen, wozu die Sammlung von Biographien und Tagebüchern dienen wird. Bisher ist es noch immer so gewesen, daß ich mit dem, was ich aus subjektiver Getriebenheit tat, etwas Sinnvolles anfangen konnte. Nichts schöner, als eine Biographie lesen, und wundervoll, alte Fotos anzusehen. Die schönsten Fotos suche ich heraus und lege sie unter selbstgeschnittene Passepartouts.

1990: Inzwischen hat sich ganz von selbst ein Projekt ergeben, in das ein großer Teil der zeitgenössischen Berichte eingehen könnte: Das "Echolot", ein kollektives Tagebuch von 1943 - 1949. Damit werde ich mich wahrscheinlich den Rest meiner Tage beschäftigen.