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Sonntag, 3. Februar 2019

Robert Galbraith: Weißer Tod

Quelle: Pixabay/Tania_delosbosques
Robert Galbraith reitet mit seiner Krimi-Reihe um den Londoner Privatermittler Cormoran Strike auf der Erfolgswelle. Mittlerweile gibt es 4 Bände, wovon der letzte, "Weißer Tod", gerade veröffentlicht wurde. Verfilmt sind die Bücher ebenfalls bereits und haben in der TV-Serienwelt unter dem Titel "Strike" hohen Anklang gefunden. Robert Galbraith sollte sich mittlerweile an den Ritt auf der Erfolgswelle gewöhnt haben, ist dieser Name doch ein Pseudonym, hinter dem keine andere als J. K. Rowling steckt.
Von den Harry Potter Büchern kenne ich alle, von ihren anderen Büchern - alias hin oder her - kenne ich keines. Insofern war ich gespannt, was es mit Cormoran Strike in "Weißer Tod" auf sich hat.
Quelle: Randomhouse/blanvalet

Die Serie ist in London angesiedelt, was mir als Fan dieser Metropole schon mal sehr gut gefällt. Robert Galbraith lässt Cormoran Strike quer durch London agieren, mal mit dem Auto, mal mit der U-Bahn, notgedrungen auch zu Fuß. Denn diese Art der Fortbewegung ist für den Ermittler nicht einfach, hat er doch während seines Militärdienstes in Afghanistan einen Teil seines Beines verloren. Er ist also gehändicapt, hat mit Schmerzen zu kämpfen, was ihn jedoch nicht davon abhält, seiner Arbeit mit großem Ehrgeiz nach zu gehen. Fast schon verbissen arbeitet er sich in die Fälle seiner Auftraggeber ein. Aufgrund spektakulärer Aufklärungserfolge ist er mittlerweile eine Berühmtheit in London. Unterstützung erhält er u. a. von seiner Mitarbeiterin Robin Ellacott. Die beiden verbindet mehr als ein Arbeitsverhältnis. Sie sind befreundet. Und es könnte sogar noch mehr daraus werden, wenn Robin nicht anderweitig gebunden wäre. Ganz davon abgesehen, dass Cormoran und Robin eine gemeinsame Beziehung aus Gründen der Professionalität ausschließen würden. Wer's glaubt ;-)
In "Weißer Tod" wird Strike von Kulturminister Chiswell beauftragt, Nachforschungen über Geraint Winn, den Ehemann einer Ministerkollegin, anzustellen. Chiswell wird erpresst. Ein Geheimnis soll publik gemacht werden. Um welches Geheimnis es sich dabei handelt, soll für die Ermittlungsarbeit irrelevant sein. Chiswell geht es nur darum, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, sprich: "Welche Leichen hat Winn im Keller?".
Robin, eine Meisterin der Verkleidung, soll dabei als Mitarbeiterin von Chiswell in das Unterhaus eingeschleust werden, um Winn auf die Pelle zu rücken.
Doch dies ist nicht der einzige Fall, der Strike beschäftigt. Kurz vor dem Minister-Auftrag nimmt Billy, der geistig behinderte jüngere Bruder des berühmt berüchtigten linksgerichteten Aktivisten Jimmy Knight, Kontakt zu ihm auf, weil er sich an einen vermeintlichen Mord an einem kleinen Mädchen erinnert. Diesen Mord hat er als kleiner Junge miterlebt. Ob das Verbrechen Billies Fantasie entspringt oder tatsächlich verübt worden ist, bleibt fraglich. Strike hat Zweifel. Insbesondere als sich herausstellt, dass es eine Verbindung zwischen dem Minister-Fall und Billy gibt.
Es wird noch weitere Verbindungen geben. Es wird auch nicht bei diesen Verbindungen bleiben. Irgendwann wird jemand sterben. Die Handlung wird immer verwirrender, da Robert Galbraith etliche Spuren legt, die den Leser häufig hinters Licht führen. Das macht Spaß, jedoch nur bis zu einem gewissen Grad. Denn irgendwann kam bei mir der Punkt, an dem ich den Faden verloren habe. Dankenswerterweise hat Galbraith einen sehr geschmeidigen Sprachstil, der einen nicht besonders fordert, aber durch seine Lebhaftigkeit angenehm zu lesen ist und diesen Roman sehr kurzweilig macht. So nimmt man die Verwirrungen in der Handlung zunächst hin und freut sich über den Moment, an dem man den roten Faden wieder aufnehmen kann.
"'Wir übersehen irgendetwas, Robin. Und zwar das verbindende Element.'
'Vielleicht gibt es so ein Element gar nicht', sagte Robin. ' So ist das Leben, oder nicht? Wir haben es mit mehreren Personen zu tun, von denen jede ihre eigenen Probleme und Ziele hat. Einige hatten gute Gründe Chiswell zu verabscheuen oder einen Groll gegen ihn zu hegen, aber das heißt noch lange nicht, dass alles perfekt zusammenpassen muss. Vieles ist wahrscheinlich völlig irrelevant.'"
Robert Galbraith konzentriert sich in seiner Romanreihe um Cormoran Strike nicht nur auf die Detektivarbeit, sondern lässt auch dem Gefühls- und Liebesleben seiner Protagonisten viel Raum. Zunächst steht natürlich das Vor und Zurück in einer möglichen Beziehung zwischen Strike und Robin im Mittelpunkt. Aber bis es soweit ist (und in "Weißer Tod" ist es noch lange nicht so weit), haben auch jeder für sich ein Privatleben. Robin verbringt dies mit ihrem frisch angeheirateten Matthew, den sie seit ihrer Jugend kennt. Keine Ahnung, warum die beiden geheiratet haben. Denn sie passen partout nicht zusammen. Er erweist sich als Ekel, der sich einen Deut um Robins Seelenleben schert. Aber Liebe, die bei Robin anfangs vorhanden war, macht ja bekanntlich blind. Doch hinterher ist frau immer schlauer. Und das wird auch Robin feststellen.

Strikes Beziehungen zu Frauen ist da einfacher gestrickt. Er hat Bindungsängste, was ihn jedoch nicht davon abhält, oberflächliche Beziehungen einzugehen. Sobald jedoch eine seiner Frauen den Eindruck erweckt, sich mehr von der Beziehung zu versprechen, als Sex, zieht er die Reißleine. Das war bei ihm nicht immer so. Denn auch einem Cormoran Strike kann das Herz gebrochen werden, was in seiner Vergangenheit auch passiert ist.

Fazit
Es gab Momente in diesem Buch, da hätte ich mir weniger Verwirrung gewünscht. Die unterschiedlichen Ansätze und Hinweise auf Spuren sind zwar hochinteressant und nie vorhersehbar. Dennoch waren mir diese zuviel. Da hätte man ein paar Seiten von den etwa 850 einsparen können und der Krimi wäre trotzdem noch ein guter geblieben.
Denn das ist er zweifelsohne. Wenig reißerisch, aber fantasievoll in der Entwicklung und die zwischenzeitliche Verlagerung der Handlung auf das Miteinander von Strike und Cormoran machen ihn zu einem sehr unterhaltsamen und spannenden Krimi.

© Renie