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Was für den Einen heutzutage der Jakobsweg ist, war für den Anderen in den 60er und 70ern der Hippie Trail. Dieser führte von Europa auf dem Landweg nach Südostasien. Endstation war Kathmandu.
Es gehörte zum guten Ton des Hippie-Lebens, diese Reise durchzuführen. Denn am Ende stand die Aussicht auf Erfüllung? Ein Leben in Frieden und Freiheit? Selbstverwirklichung? Was auch immer. Mögen diejenigen, die sich auf den Hippie Trail begaben, am Ende das gefunden haben, was sie sich erhofft hatten.
Auch Paulo Coelho war Hippie aus Überzeugung, wie so viele junge Leute in der damaligen Zeit.
In seinem autobiografischen Roman "Hippie" beschreibt er durch den Protagonisten Paulo, seine eigene Reise von Amsterdam in Richtung Kathmandu im sogenannten Magic Bus, einem alten klapperigen Bus, der zwischen Amsterdam und Kathmandu pendelte. Man ahnt es. Mit einem klimatisierten Luxusreisebus hatte dieser Magic Bus herzlich wenig zu tun. Doch dafür war die Reise günstig.
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"Viele, denen Karla und Paulo begegneten, trugen ebenfalls Blumen im Haar. Einige spielten Blockflöte, andere Geige, Gitarre oder Sitar. Ein bunter Klangteppich lag über allem, ... . Einige boten Weihrauchstäbchen, Armbänder, bunte Jacken feil, die wahrscheinlich in Peru oder Bolivien hergestellt worden waren, und er hätte ihnen am liebsten alles abgekauft, weil sie sein Lächeln erwiderten und ihn nicht wie die Verkäufer in den Läden zum Kaufen drängten."
Amsterdam war zur damaligen Zeit eine Anlaufstelle für Hippies aus aller Welt. Die Niederlande waren und sind für ihren toleranten Umgang mit Drogen bekannt. Drogen waren für Hippies ein probates Mittel, um das Leben zu genießen. Daher wundert es nicht, dass hier viele Hippies ihre Zelte aufschlugen. Für viele von ihnen war Amsterdam eine Zwischenstation auf ihrem Weg nach Südostasien. So auch für den Protagonisten Paulo. Auf der Suche nach seinem Ich will er die Welt bereisen, bis ihm das Geld ausgeht.
Die Lebensphilosophie, welche die Hippies verfolgten, hatte durchaus ihren Charme: ein Leben, frei von Zwängen und Tabus; ein Leben in einer "alternativen" Lebensform; ein Leben in Frieden; ein Leben, in dem sich jeder selbst verwirklichen kann.
Mit diesem Anspruch ist auch der junge Brasilianer Paulo unterwegs. In Amsterdam lernt er die Holländerin Karla kennen. Die beiden fühlen sich zueinander hingezogen. Aber irgendwie fehlt ihnen der letzte Schritt zu einer Beziehung. So geht ihr Umgang miteinander nicht über ein freundschaftliches Verhältnis hinaus, auch wenn jeder von den beiden insgeheim zu mehr bereit wäre, dies aber nicht wahrhaben möchte.
"Sie waren - wieder einmal - in gegensätzliche Richtungen aufgebrochen, sosehr sie auch versuchten, einander zu begegnen."
Karla und Paulo zieht es nach Südostasien. Also finden sie sich eines Tages im Magic Bus nach Kathmandu wieder, zusammen mit anderen Gleichgesinnten, deren Hintergründe im Verlauf der Handlung nach und nach von Coelho beschrieben werden. Die Route führt über den Balkan bis nach Istanbul, wo Paulo und Klara eine einschneidende Erfahrung machen, die Einfluss auf den Fortgang der Reise hat.
Der brasilianische Erfolgsautor Paulo Coelho, der für seine spirituellen Romane und Erzählungen berühmt geworden ist, polarisiert. Die Themen seiner Werke sind i. d. R. die Liebe, die Suche nach dem Sinn des Lebens sowie die Selbstfindung. Seine Fans lieben seine Bücher gerade wegen dieses spirituellen Aspekts. Nicht selten werden diese Bücher als Seelenratgeber wahrgenommen. Dann gibt es aber Leser wie mich, die nichts mit dieser Art von Literatur anfangen können.
Stellt sich natürlich die Frage, warum ich mir "Hippie" vorgenommen habe. Ganz einfach. Als Jugendliche habe ich die Hippie-Bewegung in den 70er Jahren bewusst wahrgenommen. Leute meiner Generation waren der Hippie-Faszination erlegen und sind es wahrscheinlich immer noch, unabhängig davon, ob sie selbst in das Hippie-Leben schlüpfen konnten bzw. durften. Daher war meine nostalgische Erinnnerung an die damalige Zeit Motiv genug, um zu diesem Roman zu greifen.
Und ich wurde nicht enttäuscht. Coelho hat mit diesem Roman eine unterhaltsame Abhandlung über das damalige Hippie-Dasein geschrieben, in dem er nichts zu diesem Thema auslässt. Er liefert interessante Hintergründe zu dieser Bewegung. Sehr schnell stellt man fest, dass sich ein Hippie nicht auf Flower Power, Musik und Drogen reduzieren lässt. Coelho beleuchtet das damalige Hippie-Leben aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Dabei macht er auch nicht vor bekannten Vorurteilen halt und stellt diese richtig.
Diese detailreichen und faszinierenden Schilderungen haben das Buch zu etwas Besonderem für mich gemacht. Mein Durst nach Hippie-Nostalgie wurde vollends gestillt.
Aber der Coelho wäre kein Coelho, wenn man nicht auch in diesem Roman einige seiner Lebensweisheiten finden würde. So werden auch seine Fans mit diesem Buch nicht zu kurz kommen. Denn, wenn man will, kann man sich intensiver mit dem spirituellen Aspekt dieses Romans auseinander setzen. Muss man aber nicht.
Wer also ein bisschen Hippie-Spirit schnuppern und in Nostalgie schwelgen möchte, ist mit diesem Buch bestens bedient. Wer dieses Buch unter einem spirituellen Aspekt lesen möchte, wird ebenfalls auf seine Kosten kommen.
© Renie