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Über den Roman "Drei" von Dror Mishani darf man gar nicht viel schreiben. Denn egal, was man schreibt, man läuft Gefahr zu spoilern. Daher fange ich erstmal mit meinem Fazit zu diesem Überraschungsei von einem Buch an:
Fantasievoll, spannend, überraschend, berührend! Der Roman ist saugut! Unbedingt lesen!
... und versuche mich dennoch an ein paar Aussagen, die hoffentlich neugierig machen.
Es geht um einen Mann und drei Frauen. Die Handlung spielt größtenteils im heutigen Tel Aviv.
Der Roman besteht aus 3 Kapiteln. Jedes dieser Kapitel behandelt die Verbindung des Mannes zu einer dieser Frauen.
Frau Nr. 1: Eran, frisch geschieden, Mutter eines kleinen Jungen. Die Scheidung, die von ihrem Ex ausgegangen ist, hat sie zutiefst verletzt. Sie hat Zweifel an dem, was ihr, einer alleinerziehenden Mutter, die Zukunft noch bringen wird. Aus Angst vor dem Alleinsein meldet sie sich auf einem Dating Portal an. Hier lernt sie Gil kennen. Die beiden nähern sich einander ganz langsam an. Meine Güte, ist der Mann sensibel und verständnisvoll.
Frau Nr. 2: Emilia aus Estland, mit einer Arbeitserlaubnis für Israel. Sie ist Altenpflegerin, spricht kaum Israelisch und wurschtelt sich durch das Leben in Tel Aviv durch. Finanziell geht es ihr dürftig, sie ist einsam. Ein wenig Wärme in ihrem Leben erhält sie durch die Zuwendung zur Religion und zu Gil. Er schenkt ihr seine Gunst (mehr körperlich als finanziell), nachdem sie bei ihm als Putzfrau eine Anstellung findet.
Frau Nr. 3: Orna, verheiratet, 3 Kinder, mit einem eifersüchtigen Ehemann. Sie versucht, ihrem Leben eine andere Richtung zu geben und flüchtet sich in ein Studium, das sie neben ihrem Alltag als Hausfrau und Mutter, durchzieht. Sie schreibt gerade an ihrer Masterarbeit, als sie Gil kennenlernt. Ein amouröses Abenteuer lockt.
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"Und tatsächlich gelang es ihm manchmal, sie zu überraschen, ihr das Gefühl zu vermitteln, es gäbe Dinge, die sie nicht von ihm wusste, und dass unter seiner konventionellen Erscheinung ein deutlich interessanterer Mensch steckte, den sie noch nicht kannte."
Abgesehen von der Verbindung zu diesem Mann, haben die drei Frauen nichts gemeinsam.
Was hat dieser Mann an sich, dass sich die Frauen in ihn vergucken. Ein Womanizer ist er schon mal nicht. Zumindest, was das Äußerliche angeht: er ist eher unauffälliger Durchschnitt. Vermutlich ist es seine Gabe, den sensiblen Frauenversteher zu spielen, die ihn für die Frauen anziehend macht. Ein weiterer Pluspunkt ist vermutlich sein Beruf: er ist Rechtsanwalt - gut situiert und erfolgreich.
Die drei Kapitel erzählen also die Geschichten der Frauen und ihrer Beziehung zu Gil. Doch jedes Kapitel ist besonders. Sie unterscheiden sich nicht nur im Sprachstil. Die Kapitel sind aus der Sicht der jeweiligen Frau geschrieben, woraus folgt, dass wir bei 3 unterschiedlichen Frauen auch drei unterschiedliche Sprachstile haben. Man beachte: dieser Roman ist von einem Mann geschrieben, der sich par excellence in das Seelenleben der Frauen hineindenkt und dieses authentisch wiedergibt.
"Sie empfand weder Kränkung noch echte Wut angesichts seiner Lügen, obgleich sie ihn zuvor aufgezogen hatte, ja nicht einmal Selbstekel. Vielleicht war da nur ein wenig Angst, weil sie inzwischen begriff, dass sie sehr viel weniger über ihn wusste, als sie gedacht hatte."
Dann hat der Autor Dror Mishani für jedes Kapitel ein besonderes Ende gewählt:
Kapitel 1 endet mit einer Überraschung wie ein Paukenschlag.
Kapitel 2 hat ein vorhersehbares, aber unvermeidliches Ende.
Kapitel 3 endet, wie man es sich als Leser erhofft.
Vielleicht noch eine Anmerkung zum Genre. Dieser Roman lässt sich auf kein einzelnes Genre festlegen. Es ist leichter, die Genres auszuschließen, zu dem dieser Roman auf gar keinen Fall zuzuordnen ist: Fantasy, historischer Roman, Horror.
Ansonsten ist er ein bisschen von allem, von dem einen mehr und von dem anderen weniger.
Der Roman "Drei", der in Israel ein Bestseller war, soll als TV-Serie verfilmt werden. Das wundert mich nicht. Wenn nicht dieser Roman, welcher dann?
© Renie