Zum Thema "Alzheimer" sind schon viele Romane veröffentlicht worden. Ich habe bereits einige dieser Bücher gelesen. Aber bisher habe ich noch keines gefunden, das wie dieses ist: Elizabeth wird vermisst von Emma Healey.
Dieses Buch als reinen "Alzheimer-Roman" zu bezeichnen, wäre eine dicke Untertreibung. Denn tatsächlich macht Emma Healey aus ihrer Hauptprotagonistin Maud, so etwas wie eine Ermittlerin, die sich trotz Alzheimer-Handycap auf die Suche nach ihrer plötzlich verschwundenen Freundin Elizabeth macht. Somit wird dieser Roman zu einer außergewöhnlichen Mischung aus Krimi und Gegenwartsliteratur zum Thema "Alzheimer"
Quelle: Bastei Lübbe |
Klappentext
Elizabeth wird vermisst. Von Maud. Sie ist überzeugt, dass ihre Freundin verschwunden ist. Aber niemand glaubt ihr - schließlich leidet sie an Alzheimer und hat schon große Mühe, ihren Alltag zu bewältigen. Doch Maud gibt nicht auf, und gemeinsam mit ihr machen wir uns auf die Suche nach Elizabeth. Dabei erfahren wir auf beeindruckende Art und Weise, was es heißt, wenn einem das eigene Leben entgleitet. (Quelle: Bastei Luebbe)
Maud ist also an Alzheimer erkrankt. Die Geschichte wird aus ihrer Perspektive erzählt. Anfangs ist Maud noch klar im Kopf. Nur gelegentlich wird sie von ihrem Gedächtnis im Stich gelassen. Doch mit der Zeit und fortlaufender Handlung, verliert sie sich immer mehr in ihren Erinnerungen und kann Gegenwart und Vergangenheit kaum noch auseinanderhalten.
Maud lebt allein und wird von ihrer Tochter Helen und ihrer Enkelin versorgt. Anfangs werden sie noch von einer Pflegekraft unterstützt. Maud wird immer verwirrter und plötzlich ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man Maud nicht mehr allein lassen darf. Helen holt sie daher zu sich.
"Eigentlich brauche ich meine Brille nur zum Lesen, aber ab einem bestimmten Alter erwarten die Leute, dass man sie ständig trägt. Sie ist irgendwie Teil der Uniform. Wie sollten sie sonst auch erkennen, dass du eine alte Schachtel bist? Sie wollen die richtigen Requisiten sehen, damit sie dich sofort von anderen Menschen unterscheiden können, die den Anstand haben, noch unter siebzig zu sein. Gehstock, Gebiss, Hörgerät, Brille. Ich habe alles." (S. 45)
Die Gedächtnislücken Mauds führen häufig zu merkwürdigen Situationen. Teilweise lacht man über die Dinge, die Maud widerfahren. Aber größtenteils überwiegt beim Lesen die Betroffenheit über die Hilflosigkeit von Maud und ihren Angehörigen.
Maud hat eine alte Freundin: Elizabeth, die ein paar Häuserblocks weiter wohnt. Die beiden Frauen haben sich regelmäßig getroffen. Aber Maud ist der Meinung, dass Elizabeth verschwunden ist. Ob es tatsächlich so ist, oder ob Mauds Geisteszustand ihr einen Streich spielt? Man weiß es nicht. Von ihrem Umfeld wird Maud nicht ernst genommen. Das Verschwinden von Elizabeth wird als fixe Idee abgetan.
Trotz ihrer Erkrankung stellt Maud Nachforschungen an, was sich als schwierig herausstellt. Denn sie kann sich nichts merken, vergisst von einem Moment auf den anderen, wo sie sich befindet, warum sie sich dort befindet, mit wem sie gesprochen hat, worüber sie gesprochen haben ….. Also beginnt sie, sich Dinge auf kleine Zettelchen zu notieren, die sie mit sich herumträgt. Nur leider lässt sie auch hier ihr Gedächtnis im Stich, zumal sie ständig vergisst, was es mit den Zettelchen auf sich hat.
"Aber diese Papierschnipsel auf dem Tisch nebem meinem Sessel, dieses Erinnerungssystem, es ist nicht perfekt. So viele dieser Notizen sind durcheinander. Und selbst die neueren scheinen nicht die richtigen Informationen zu enthalten. Da ist eine, bei der die Tinte noch nass ist: 'Ich habe nichts mehr von Elizabeth gehört.' Ich streiche mit den Fingern über die Worte und verschmiere sie ein wenig. Stimmt das? Ich muss es gerade erst geschrieben haben, ....." (S. 23)
Quelle: unsplash/Eduard Militaru |
Das Ende dieses Romans ist ein Kracher. Man hat mit allem gerechnet, nur nicht mit diesem Ende. Und so ganz nebenbei erfährt man, was mit Elizabeth passiert ist.
"Ich habe das Gefühl, als würde ich mich von innen heraus auflösen." (S. 226)
Fazit:
Ich bin begeistert von diesem Roman. Was als ein Roman über Alzheimer beginnt, wird zum Ende dermaßen spannend, dass man das Buch nicht aus der Hand legen möchte. Hinzu kommt, dass das Thema „Alzheimer“ sehr sensibel und respektvoll behandelt wird. Und diese Mischung aus Spannung und Sensibilität machen diesen Roman zu etwas ganz Besonderem.
© Renie
Elizabeth wird vermisst von Emma Healey, erschienen bei Bastei Lübbe
Erscheinungsdatum: März 2014
ISBN: 978-3-7857-6110-6
Über die Autorin:
Emma Healey wuchs in London auf. Nach der Schule machte sie eine Ausbildung zur Buchbinderin. Doch als ihr die Buchherstellung nicht mehr ausreichte, legte sie 2011 noch einen Master in Kreativem Schreiben an der University of East Anglia ab. Elizabeth wird vermisst ist ihr erster Roman, den sie mit gerade mal 28 Jahren vorgelegt hat.