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Sonntag, 3. April 2022

Franck Bouysse: Rauer Himmel

Quelle: Polar Verlag
Eine trostlose und düstere Landschaft, eigenbrötlerische und verschlossene Charaktere, Familiengeheimisse und Tod. Die Geschichte „Rauer Himmel“ von Franck Bouysse ist ein Kriminalroman der Extraklasse, der nicht nur durch seine literarische Sprache besticht. 

Schauplatz ist ein fiktiver Ort in den französischen Cévennen im Winter: Les Doges - ein einsamer Ort, der aus zwei Höfen besteht, die von den beiden Protagonisten Gus und Abel bewohnt werden, die ich mir in keinem anderen Szenario als in dieser Trostlosigkeit vorstellen kann. Die beiden Männer sind eigenbrötlerisch, ihr Leben richtet sich nach der Natur und den Jahreszeiten, sie vermeiden den Kontakt zu anderen Menschen.
Gus und Abel gehen sich zur Hand, wenn Arbeiten auf den Höfen anfallen, die allein nicht zu bewältigen sind, verbunden mit einem anschließenden Gespräch bei einem Gläschen Wein. Ansonsten geht man sich aus dem Weg. Denn jeder ist sich selbst genug. Leben und leben lassen.
Eines Tages wird Gus durch einen Schuss und Schreie aus der Richtung des Hofes von Abel aufgeschreckt. Dieser Vorfall ist der Anfang einer Kette von Ereignissen, die die Beziehung der beiden Männer in den darauffolgenden Wochen verändern wird. Das Miteinander der Männer wird mit einem Mal von Misstrauen geprägt sein, sie werden sich belauern, in der Überzeugung, dass der andere etwas zu verbergen hat. Welche Geheimnisse im Verborgenen liegen, zeigt sich erst zum Ende des Romans, so dass der Leser ausreichend Gelegenheit haben wird, sich in eigenen Spekulationen zu versuchen.
"Den Toten vergibt man viele Dinge, auch Dinge, die wir nicht vergeben sollten."
„Rauer Himmel“ ist ein unglaublich spannender Roman. Der trostlose Schauplatz legt dabei gleich zu Anfang den Grundstein für den Aufbau einer unheimlichen Stimmung. Wo nicht, wenn an einem Ort, der dermaßen abgeschieden und trostlos düster ist, passieren schreckliche Dinge? Diese gruselige Atmosphäre begleitet den Leser bis zum Schluss. Bemerkenswert ist dabei die hohe Sprachqualität dieses Romans. Sätze und Formulierungen scheinen mit Bedacht gewählt zu sein und verbergen eine tiefere Bedeutung. Wenn man sich Zeit nimmt und sich auf diese Bedachtsamkeit einlässt, wird man von der Atmosphäre dieses Buches komplett vereinnahmt.
Das lässt ein Ende dieses Romans, das ein paar Fragen zu der Handlung und seinen Charakteren leider nicht beantwortet, leicht verschmerzen.
„Rauer Himmel“ ist daher für mich ein unglaublich fesselnder Kriminalroman und in seiner Gesamtheit ein literarisches Kunstwerk, das mich begeistert hat.

© Renie