Mittwoch, 21. Januar 2015

Nino Haratischwili: Das achte Leben

Ich hatte mir das Hardcover bestellt. Allerdings liegt das beim Lesen ja so was von schwer in der Hand, dass ich es mir noch als E-Book gekauft habe. Und als Lesedatei ist das sauteuer.
Aber ich konnte ja nicht warten, bis das Taschenbuch da ist, dann wäre das E-Book sicher auch billiger.
Die Ausgabe hat sich aber gelohnt.

Ich konnte mich von dem Buch kaum losreißen. Und trotzdem war das Lesen manchmal kaum auszuhalten. Kennt ihr das Gefühl?
Die Autorin ist 1983 geboren, also Anfang 30. Ich frage mich, wie sie es schafft, das Grauen des Krieges in solche Worte zu fassen. Nicht reißerisch, aber doch, dass es einem kalt den Rücken runterrinnt. Und nicht nur das. Bei einigen Szenen hab ich einfach nur nach Luft schnappen müssen und das Buch nach einer besonders harten Szene sogar weinend aus der Hand legen müssen.

Die Frauen der Familie sind fast alle nur Opfer. Sie erleben grauenhafte Dinge. Für Entscheidungen, die sie für sich persönlich treffen, muss die ganze Familie die Konsequenzen ertragen. Zerbrochene Träume, gebrochene Menschen.
Das achte Leben ist nicht nur ein toller Roman, eine fesselnde Geschichte, nein, es ist auch Geschichtsunterricht.

Kitty musste aus Georgien in den Westen fliehen. Über Prag ist sie nach London gekommen. Neun Jahre hat sie mittlerweile niemanden von ihrer Familie gesehen. Nur ein wöchentlicher Anruf von einem Fremden verbindet sie mit der Heimat.
Nachdem Stasia, Kittys Mutter, zu Hause beim Sohn nun so einen Druck gemacht hat, dass sie ihre Tochter sehen muss, scheint es ein Treffen in Prag geben zu können.
Doch als Kitty in Prag eintrifft, kommt sie mitten hinein in den Prager Frühling. Das Treffen wird abgeblasen, doch damit wollen sich beide Frauen unabhängig voneinander nicht abfinden.

Ich habe das Buch wie in einem Rausch gelesen. In der Regel ist es bei mir so: Wenn mir ein Buch besonders gefällt, beginne ich ab der Mitte langsamer zu lesen, damit ich mehr vom Lesevergnügen habe.
Aber bei dieser Geschichte funktionierte das nicht. Ich wollte einfach weiter, weiter, weiter....

Gut, dann war das halt jetzt so. Irgendwann werde ich das Buch dann noch einmal in aller Seelenruhe lesen.

Ich habe mich gefragt, woher es wohl kommt, dass mich dieses Buch so gepackt hat. Vielleicht liegt es daran, dass ich in der DDR großgeworden bin. Wir haben ja ein ganz anderes Bild über die UdSSR beigebracht bekommen. Und nun erfahre ich, dass es alles ganz anders war.
Dies ist die erste derartige Geschichte, die ich nach der Wende über dieses Land lese. Habe mich ja bisher lesetechnisch mehr in Deutschland und England aufgehalten.

Das achte Leben hat 1280 Seiten. In den letzten Tagen habe ich in jeder freien Minute gelesen, was das Zeug hält. Eigentlich könnte ich zu jeder Figur etwas schreiben. Aber dann würde ich selbst einen Roman schreiben.

Ich lege euch das Buch wärmstens ans Herz.